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Die "Irene" war am Sonntag mit zehn Personen von Zypern aus aufgebrochen.

© AFP

Nahost: Israel stoppt Schiff jüdischer Aktivisten vor Gaza

Die israelische Marine hat ein jüdisches Boot gestoppt und in den israelischen Hafen von Aschdod umgeleitet. Die Besatzung hatte "symbolische" Hilfsgüter für ein Krankenhaus im Gazastreifen an Bord. Auch eine deutsche Organisation ist beteiligt.

Berlin - Schulranzen, künstliche Kniegelenke, Fischernetze und Musikinstrumente – es war eine symbolische Fracht, die das Motorsegelboot „Irene“ unter britischer Flagge in den Gazastreifen bringen wollte. Am Dienstagvormittag hat die israelische Marine das Schiff gestoppt und es samt der vorwiegend jüdischen Besatzung in den israelischen Hafen Aschdod geschleppt. „Zunächst wurde das Boot zwei Stunden umrundet, dann geentert“, sagte Kate Katzenstein-Leiterer von der deutschen Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ dem Tagesspiegel. Die deutsche Gruppierung hatte die Aktion zusammen mit der britischen Organisation „Jews for Justice for Palestinians“ geplant. „Unsere Leute waren friedlich und haben keinen Widerstand geleistet“, sagte sie. „Trotzdem sind wir traurig über diese Entwicklung und in Sorge um die Besatzung.“ Zum Zeitpunkt der Erstürmung soll das Boot rund 30 Kilometer von der Küste des Palästinensergebiets entfernt gewesen sein.

Die achtköpfige Crew aus den USA, Israel und Deutschland sowie zwei britische Journalisten wollten nach eigenen Angaben ein Zeichen setzen, „eine Brücke bauen“. Aus Deutschland ist Edith Lutz an Bord gewesen, eine gelernte Krankenschwester und promovierte Judaistin. Die 61-Jährige war im Sommer 2008 bereits einmal an einer Schiffsaktion beteiligt gewesen und hatte seitdem die Fahrt gemeinsam mit Katzenstein-Leiterer organisiert. Die deutsch-jüdische Organisation, der die beiden Frauen angehören, plädiert unter anderem für die Schaffung eines palästinensischen Staats.

„Wir wollten unsere Ladung, die symbolisch klein ist, nach der Ankunft einem psychiatrischen Krankenhaus übergeben“, sagt Katzenstein-Leiterer. „Es ging vor allem um die Geste.“ Einige der Aktivisten an Bord der „Irene“ waren Israelis, so wie Rami Elhanan, der 1997 seine Tochter bei einem Selbstmordanschlag der Hamas verloren hat. Er habe keinen Grund, die Hamas zu lieben, sagte er vorab dem israelischen Rundfunk. „Aber wenn wir nicht reden, wird dies niemals enden.“ Auch der 82-jährige Holocaust-Überlebende Reuven Moskovitz sagte: „Wir sind zwei Völker, aber wir haben eine Zukunft.“

Die Gruppe hatte vor ihrer Abfahrt in Zypern am Sonntag mehrfach betont, in rein friedlicher Absicht unterwegs zu sein. „Wir standen auch im Kontakt mit der israelischen Botschaft in Berlin“, sagt Katzenstein-Leiterer. „Wir haben gehofft, dass sie unsere friedliche Absicht erkennen und ein jüdisches Boot vielleicht nicht so hart angehen.“ Daran habe sie auch noch geglaubt, als es im Antwortschreiben hieß, die Aktion sei auf jeden Fall zu unterlassen. Edith Lutz hatte ursprünglich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk im Sommer gesagt, sie wolle keine Erstürmung provozieren: „Wir werden umkehren, wenn Israel uns nicht durchlässt.“ Dass sich die Besatzung nun doch entschied, sich abschleppen zu lassen, bezeichnete Katzenstein-Leiterer als „demokratische Gruppenentscheidung“.

Auf der Seite „jewishboattogaza.org“ und dem Kurznachrichtendienst Twitter war die aktuelle Position des Schiffes bis Dienstagmorgen um halb zehn stets nachvollziehbar. Zu diesem Zeitpunkt gab es laut Organisatoren auch den letzten Kontakt zum Kapitän des Schiffes, Glyn Secker. Seitdem seien die Telefone – auch die der Journalisten – tot.

Ende Mai waren neun türkische Aktivisten von israelischen Soldaten getötet worden, als sie die Blockade durchbrechen wollten. Das Militär stürmte ihr Schiff und erklärte später, die Aktivisten hätten die Soldaten angegriffen. Die UN-Menschenrechtskommission nannte das Vorgehen in einem Untersuchungsbericht „nicht hinnehmbar brutal“ und „unverhältnismäßig“. Am Dienstag wurde der irischen Friedensnobelpreisträgerin Mairead Maguire die Einreise nach Israel für zehn Jahre verboten, weil sie am Schiffskonvoi im Mai teilgenommen hatte. mit dpa/KNA/AFP

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