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Arafat

© AFP

Nahost-Konflikt: Furcht vor den zwei Palästinas

Die USA diskutieren, welche Optionen es im Nahen Osten nach dem Hamas-Putsch noch gibt.

Die faktische Teilung des Palästinensergebietes in zwei Territorien, das Westjordanland unter Fatah-Herrschaft und den Gazastreifen unter Hamas-Kontrolle, hat Israel, die USA und Europa diplomatisch zusammengeführt. Alle drei stehen auf der Seite des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas und kündigen an, die Milliardenhilfe für die Autonomiebehörde wieder aufzunehmen. Solange Hamas an der Regierung beteiligt war, waren die Zahlungen eingeschränkt worden, da Hamas sich weigerte, Israels Existenzrecht und die bisherigen Nahostverträge anzuerkennen.

Der Besuch des israelischen Regierungschef Ehud Olmert in den USA zeigt jedoch, wie oberflächlich diese diplomatische Harmonie ist. Die US-Medien stellen bohrende Fragen, welche Optionen den westlichen Regierungen in der Palästinapolitik jetzt überhaupt noch bleiben, und kommen in ihren Analysen zu dem Schluss, dass die Aussicht auf eine Friedenslösung sich dramatisch verzögert oder gar prinzipiell verschlechtert. Bis vor kurzem drückte die Formel „Zweistaatenlösung“ die Hoffnung auf friedliche Koexistenz eines israelischen und palästinensischen Staates aus. Mittlerweile steht der Begriff für die Sorge, dass die Welt es künftig mit zwei Palästinas zu tun hat, die sich in einer Art Bürgerkrieg befinden und Israel, die USA und Europa ohne einen Ansprechpartner lassen, mit dem man verbindliche Absprachen treffen kann. Abkommen, die Präsident Abbas schließt, wird die Hamas in Gaza nicht anerkennen – und umgekehrt.

Drei Optionen werden diskutiert. Die erste und wahrscheinlichste, weil sie für Präsident Bush, Ehud Olmert und die Europäer am besten zu begründen ist: Präsident Abbas und die von ihm ernannte neue Regierung sind die legitimen Partner. Sie bekommen Finanzhilfe und politische Unterstützung, um den Palästinenserstaat zunächst nur in der Westbank aufzubauen; der soll als Vorbild für die Bürger in Gaza dienen, die sich dann hoffentlich von der Hamas abwenden.

Option zwei: ausländischer Druck, um eine neue „Regierung der Einheit“ zu erzwingen, an der Fatah und Hamas beteiligt sind. Diese Lösung propagiert Saudi- Arabien, das die erste solche Koalition vermittelt hatte. Aus Sicht der US-Experten ist das nach den Kämpfen zwischen Hamas und Fatah nicht mehr realistisch.

Option drei: Verschiebung der palästinensischen Eigenstaatlichkeit. In einer Übergangsphase wird das Westjordanland zu einem jordanischen und der Gazastreifen zu einem ägyptischen Protektorat. Beide Staaten haben bereits Frieden mit Israel geschlossen, ihre Sicherheitskräfte sollen in diesem Modell die Extremisten in Palästina von Angriffen abhalten. Der Nachteil: Ägypten wie Jordanien sind schon jetzt intern von Instabilität und islamischen Fundamentalisten bedroht. Warum sollten sie die undankbare Aufgabe übernehmen? Das würde die interne Opposition nur verstärken.

Option eins gilt als die realistischste. Der Druck auf Hamas bliebe erhalten, Israel und die bestehenden Verträge anzuerkennen, um selbst ausländische Hilfe zu bekommen. Aber auch diese Option ist aus US-Sicht voller Nachteile. Kann Abbas das Angebot überhaupt annehmen, ohne die 1,5 Millionen Bürger in Gaza zu entfremden? Muss Israel, um ihn zu stützen, nicht Zugeständnisse machen wie die Aufgabe von Siedlungen oder Rückgabe größerer Teile Ostjerusalems, die als Tauschobjekte für die endgültige Friedenslösung eingeplant sind?

Die US-Medien sind voll dramatischer Berichte über Auflösung und Chaos: Tausende Fatah-Anhänger versuchen, aus Gaza ins Westjordanland zu fliehen, sitzen aber an israelischen Kontrollpunkten fest. Die Grenzkontrolle zwischen Gaza und Ägypten hat sich aufgelöst. Die Fatah hat ihre Posten dort aufgegeben, Hamas noch nicht übernommen, da sie sich auf die interne Machtübernahme konzentriert. Viele Palästinenser sagen, die israelische Besatzung Gazas sei verhasst, aber immer noch besser gewesen als Kämpfe und Chaos der jüngsten Tage.

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