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Der Moment. Die Frage ihrer Kollegin lässt Liang Xiangyi mit den Augen rollen.

© /Youtube

Nationaler Volkskongress: Ein Augenrollen wird zum Fall für Chinas Zensur

Die chinesische Journalistin Liang Xiangyi verdreht bei einer Pressekonferenz zum Volkskongress genervt die Augen. Damit trifft sie einen Nerv - und ruft die Zensoren auf den Plan.

Pressekonferenzen beim Nationalen Volkskongress in Peking sind für gewöhnlich extrem langweilige Veranstaltungen. Weil das chinesische Scheinparlament nur Scheinpressekonferenzen zulässt. Ausländische wie inländische Journalisten müssen ihre Fragen vorher einreichen, anschließend kommen nur jene mit den unkritischsten Anliegen dran. Als in dieser Woche die Reporterin einer unbekannten US-chinesischen Fernsehstation eine nutzlose, nicht enden wollende Frage stellte, ertrug es eine neben ihr stehende chinesische Journalistin nicht mehr: Erst musterte sie die Fragenstellerin erstaunt, dann verdrehte sie angewidert die Augen. Anschließend drehte das chinesische Internet durch.

Unzählig oft wurde die vom Staatsfernsehen live gesendete Szene der in Rot und Blau gekleideten Frauen in den sozialen Medien geteilt, kommentiert und sogar nachgespielt. Auf der Verkaufsplattform Taobao wurden T-Shirts und Handyschutzhüllen mit dem Bild von Liang Xiangyi verkauft. So nämlich heißt die genervte Journalistin, wie die Nutzer schnell herausgefunden hatten. Ihren Gesichtsausdruck erklärte sie in einer privaten Chatgruppe so: „Weil die Frau neben mir so eine Idiotin war.“

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Doch Liang Xiangyi hat damit offenbar auch den Nerv vieler Chinesen getroffen. „Ein Augenrollen sagt mehr als tausend Worte“, schrieb ein Internetnutzer. Ein anderer sagt: „Dein Augenrollen steht für alle Menschen, die sich das nicht trauen.“

Seit Tagen werden die Chinesen von der Propaganda mit unnützen Informationen über den Volkskongress zugeschüttet, doch über das wichtigste Thema darf nicht offen berichtet und schon gar nicht diskutiert werden: jene Verfassungsänderung, die Präsident Xi Jinping eine unbegrenzte Amtszeit ermöglicht. Insofern konnte man das Augenrollen auch als Kommentar zum Volkskongress verstehen. Und das scheinen Chinas autoritäre Machthaber auch zu tun.

Schnell ließen sie alles rund um den Vorfall zensieren. Der Name „Liang Xiangyi“ schoss innerhalb weniger Stunden auf Platz eins der am meisten zensierten Begriffe im chinesischen Internet. Die „South China Morning Post“ berichtet, dass die Journalistin, die für die in Schanghai ansässige Finanzwebseite „Yicai.com“ arbeitet, ihre Akkreditierung für den Volkskongress bereits abgeben musste. Und manche Internetnutzer sorgen sich, dass Liang Xiangyi von ihrem Arbeitgeber schon entlassen worden sein könnte.

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