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Die amerikanische Sängerin Patti Smith und der Bassist Michael "Flea" Balzarye sind im Trianon-Theater in Paris gemeinsam aufgetreten. Das Konzert gehört zu einer Reihe "Pathway to Paris" - und ist nun wohl angekommen.

© Yoan Valat/ dpa

Nebensachen aus Paris (4): Musik und Klimaaktivismus - passt!

Patti Smith, Thom Yorke und Bill McKibben für Klimagerechtigkeit: Beim Konzert im Trianon trifft die Avantgarde des Rock auf die Speerspitze der Aktivisten. Ein persönlicher Konzertbericht.

Musik ist eine universelle Sprache – und der Klimawandel ein globales Problem. Was liegt näher, als beides zu verbinden, um Menschen aufzuwecken und eine globale Bewegung für Klimagerechtigkeit zu schaffen. So dachten Jesse Paris Smith, die Tochter von Patti Smith, und Rebecca Foon. Seit der riesigen Klimademo im September 2014 in New York veranstalten sie Konzerte unter dem Titel „Pathway to Paris“. Auf dem Weg nach Paris zur Klimakonferenz also, von Insidern COP21 genannt. Dieses Wochenende machte der  Motivationszug halt im schönen Trianon, einem Theater am Montmartre.

Herz des Abends war die Eine, die Große, die Übermutter Patti Smith. Sie ist jetzt fast 70 und singt heute noch wilder als früher. Auf der Bühne ist sie gleichzeitig Mädchen, Hohepriesterin und Hexe, freundlich, furchterregend und witzig. Unfassbar und unbeschreiblich, eine derartige Bandbreite menschlichen Ausdrucks in einer Person vereint zu sehen.

„Exxon knew –  Exxon wusste Bescheid“ lautet die jüngste Kampagne von Bill McKibben.
„Exxon knew –  Exxon wusste Bescheid“ lautet die jüngste Kampagne von Bill McKibben.

© Susanne Ehlerding

Im Trianon sang Patti Smith eigene Klassiker wie „People got the Power“ und „She“, außerdem „Imagine“ von John Lennon mit hörbarer Unterstützung des Publikums und ein Lied für die siebzehnjährige Lola. Die junge Frau wurde am 13. November im Bataclan von Terroristen erschossen. Bei der Ansage des Songs kamen Patti Smith die Tränen – und mir auch.

Große Überraschung dann, die Liebe des Publikums Thom Yorke zufliegen zu sehen. Der Sänger von Radiohead ist offenbar für die Generation der jungen Aktivisten im Trianon ebenso verehrungswürdig wie Patti Smith für meine.

„Krass geil“ sagt man heute wohl zu einer Performance wie der von Flea. Der Bassist der Red Hot Chilli Peppers legte zusammen mit einem Violinisten einen derart ekstatisches Duett hin, dass es die Leute zum ersten Mal von den Sitzen riss (das war vor Patti Smith und Thom Yorke). So ein  Abrocken bei höchst elaborierter Klangvielfalt war allein schon das relativ moderate Eintrittsgeld von 35 Euro wert. Es kam dem Mitveranstalter 350.org zugute.

Die Pausen zwischen den Musikern nutzte Bill McKibben von 350.org immer wieder für Agitprop.  McKibben ist an sich ein respektabler Aktivist. Gerade spitzt er seine Divestment-Kampagne zum Abzug von Investitionen aus fossilen Energien auf ExxonMobile zu. Nach Marktwert ist es hinter Apple das zweitgrößte Unternehmen der Welt.

Das Publikum war begeistert.
Das Publikum war begeistert.

© Susanne Ehlerding

Schon in den 80-er Jahren wusste das Management, dass fossile Energien den Klimawandel bewirken und finanzierte trotzdem Desinformationskampagnen dagegen. Das brachte die mit dem Pulitzerpreis gekrönte Website InsideClimate News kürzlich ans Licht.

Verzeihlich, dass Bill McKibben die geballte Kraft des Publikums dahin zu lenken versuchte, gegen den Klimawandel aktiv zu werden.

Ins gleiche Horn stieß Naomi Klein. Sie genießt höchstes Ansehen für ihre Bücher seit „No Logo“, das mit dem Markenwahn der westlichen Konsumgesellschaft aufräumt. Gutgelaunt wetterte Klein gegen die Klimaverhandlungen und die Politiker, die sich hinterher auf die Schulter klopfen und für ein schönes Abschlussfotos posieren „Das geht jetzt schon von COP zu COP so.“

Auch die indische Aktivistin und Wissenschaftlerin Vandana Shiva kann mit dem „Krieg um Worte“, wie er bei den Verhandlungen geführt werde, nichts mehr anfangen.

Mit Aktivismus allein ist das Klima aber auch nicht zu retten. Es braucht ein globales Klimaabkommen genauso wie den Druck der Straße, um es so ambitioniert wie möglich zu machen.

„You have to take care of Mother Earth. Because if you don't take care for her, she will fucking take care of you“, sagt Patti Smith zum Schluss. „Du musst dich um Mutter Erde kümmern. Denn wenn du es nicht tust, wird sie sich verdammt noch mal um dich kümmern.“ Auf diese Formel kann man sich leicht einigen. Für den Vertragstext eines Klimaabkommens und den Ausgleich der Interessen von 196 Nationen reicht es nicht. In einer Ökodiktatur ginge das alles natürlich viel schneller. Aber wer will die schon.

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