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Politik: Neue alte Töne aus Prag

Außenminister kritisiert Vertriebenenausstellung

Für Irritationen sorgt die Kritik des neuen tschechischen Außenministers Alexandr Vondra am geplanten Zentrum gegen Vertreibungen und der Ausstellung „Erzwungene Wege“ in Berlin. Nur einen Tag nach seiner Amtseinführung sagte Vondra in einem Zeitungsinterview, beides seien „keine Schritte, um die internationale Atmosphäre bedeutend zu verbessern“. Mit seinen Äußerungen trat er in Prag eine Debatte über die deutsch-tschechischen Beziehungen los – und das, obwohl er sich in seiner diplomatischen Karriere gleich mehrfach für ein gutes Verhältnis zwischen beiden Ländern eingesetzt hatte.

Nach den Äußerungen des parteilosen Außenministers legte als erstes der frühere Premierminister Jiri Paroubek nach: „Wir sollten unser Vorgehen koordinieren, auch mit Polen“, sagte der Sozialdemokrat. Das sind neue Töne von tschechischer Seite. Zwar hat Paroubek nach eigenen Angaben schon während seiner Amtszeit im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht, dass das Zentrum nicht im tschechischen Interesse liege. Ein Bündnis mit Polen allerdings hat in Prag vor Paroubeks Äußerung niemand öffentlich ins Gespräch gebracht.

Für die Diplomaten auf beiden Seiten ist der Vorstoß ein heißes Eisen. Die deutsch-polnischen Beziehungen nämlich haben sich seit dem Amtsantritt der rechtspopulistischen Koalition in Warschau spürbar abgekühlt. Das drohe im deutsch-tschechischen Verhältnis allerdings nicht, heißt es in Prag: „Die Beziehungen werden unter Alexandr Vondra eher besser als schlechter“, sagte ein hochrangiger Diplomat. Tatsächlich hat sich der 45-jährige Außenminister, der unter der konservativen Minderheitsregierung von Premierminister Mirek Topolanek ins Amt gekommen ist, in der Vergangenheit mehrfach für die deutsch-tschechische Aussöhnung eingesetzt. So hatte er vor etwa zehn Jahren maßgeblichen Anteil an der bilateralen Freundschaftserklärung zwischen Berlin und Prag. Umso überraschender sind deshalb seine jüngsten Äußerungen über das geplante Zentrum gegen Vertreibungen.

Eine seiner ersten Auslandsreisen führt den frisch gekürten Außenminister nach Berlin. Dabei soll er nach bislang unbestätigten Informationen auch Merkel zu einem Gespräch treffen. Allein das gilt in Diplomatenkreisen als gutes Zeichen – der polnische Ministerpräsident Jaroslav Kaczynski ist schon deutlich länger im Amt und bis jetzt noch nicht nach Berlin gereist.

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