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Die Chancen fest im Blick. Der Bundestagsausschuss „Digitale Agenda“ sieht das Internet vor allem als Transportmittel für die Zukunft.

© picture alliance / dpa

Neuer Ausschuss "Digitale Agenda": „Wir sind nicht die jungen Hippen“

Am Donnerstag setzt der Bundestag einen neuen Ausschuss "Digitale Agenda" ein. Eine Federführung hat er nicht, er kann nur mitberaten. Trotzdem sehen sich die Ausschussmitglieder auf Augenhöhe und wollen vor allem eines: piesacken.

Lange wurde um ihn gestritten, debattiert und gekämpft: Jetzt wird der neue Ausschuss „Digitale Agenda“ am Donnerstag vom Plenum des Deutschen Bundestages eingesetzt. Am Tag zuvor gab es nur noch einen marginalen Unterschied zwischen der Unions- und der SPD-Fraktion. Die Netzpolitiker der Unionsfraktion haben ihre Vorstellungen zum 23. Ausschuss des Bundestages mit selbst gebackenen Keksen präsentiert. Bei der SPD hielt man es eher mit gesundem Obst.

Größere Differenzen zwischen den beiden Regierungsparteien wird man erst mal kaum ausmachen können. Denn die Konfliktlinien beim Thema Netzpolitik werden nicht zwingend im Ausschuss aufbrechen, sondern eher zwischen dem Ausschuss und den zuständigen Ministerien. Das Kabinett will unter Federführung des Wirtschafts-, Verkehrs- und Innenministeriums bis zum Sommer Eckpunkte einer „Digitalen Agenda“ erarbeiten. Der Ausschuss wiederum begreift sich dabei als eine Art gebündeltes Gegengewicht zu einer dezentralen Organisation der „Digitalpolitik“ auf Regierungsebene. „Wir werden das ein oder andere Mal die Regierung auch piesacken“, kündigte Thomas Jarzombek an. Er ist Obmann der Union im Ausschuss.

Allerdings verlief der Start nicht ganz so rund, wie sich das einige gewünscht hätten. Denn das Gremium sollte eigentlich schon im Dezember eingesetzt werden, doch die Unionsfraktionsspitze bremste. Das Ergebnis ist nun ein Ausschuss, der einen kleinen Makel hat: Er hat keine Federführung bei einem bestimmten Thema, sondern er ist „in der Regel“, wie es im Einsetzungsbeschluss heißt, mitberatend. Genau das kritisieren vor allem Grüne und Linke. Eine „Quasselbude“ sei der Ausschuss, heißt es bei den Grünen, weil man nur als federführender Ausschuss ernsthaft Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess nehmen könne. Dennoch machen beide Fraktionen mit, und sie bringen den Einsetzungsbeschluss sogar gemeinsam mit den Regierungsfraktionen ein.

Klingbeil: "Die Netzpolitik wird erwachsen"

Denn allen ist klar, dass ein Ausschuss dieser Art vielleicht noch nicht das Ende der Entwicklung, aber doch ein erster Schritt ist. Lars Klingbeil, Netzpolitiker der ersten Stunde in der SPD und Sprecher seiner Fraktion im neuen Ausschuss sagt es so: „Die Netzpolitik wird erwachsen.“ An dem Ausschuss gehe kein netzpolitisches Thema vorbei. Außerdem könne man bestimmte Themen schneller ins Plenum und überhaupt in den parlamentarischen Alltag bringen. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte es so: "Die Netzpolitik verlässt den Katzentisch und kommt in der Mitte des Parlaments an."

16 Mitglieder hat der neue Ausschuss, sieben von der CDU, fünf von der SPD und je zwei von Linken und Grünen. Vorsitzender wird der 51-jährige Brandenburger Jens Koeppen (CDU). Die meisten Mitglieder kennen sich aus der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“, die den Ausschuss gefordert hatte.

Eine feste Tagesordnung für die ersten Sitzungen gibt es zwar noch nicht, auch muss erst noch abgewartet werden, wie die personelle Ausstattung des Ausschusses aussieht. Doch Klingbeil stellt schon mal klar: „Wir sind ein ganz regulärer Ausschuss, also muss der auch personell so ausgestattet werden.“ Aber es gibt klare inhaltliche Vorstellungen, und die Bandbreite ist groß: Es geht um Wirtschaftsförderung für Start-ups, den Breitbandausbau, aber auch die Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Industrie. Auch das Thema Datensicherheit und Datenmobilität werden im Ausschuss diskutiert. „Auch hier im Bundestag werden viel zu häufig die Risiken betont statt die Chancen“, sagte Koeppen.

Schön: "Es geht um eine pragmatische Sicht auf das Netz"

Trotz des Makels der „nur“ mitberatenden Funktion sehen die Mitglieder sich auf Augenhöhe und wollen sich auch etwas absetzen vom Rest, allerdings weniger kulturell und habituell. „Wir sind nicht die jungen Hippen“, sagte Klingbeil. Aber in der Art und Weise, wie sie arbeiten. Bestimmte Instrumente der Partizipation sollen zum Einsatz kommen, auch soll es mehr Transparenz geben. Wie das konkret aussehen soll, wollen die Mitglieder aber noch entscheiden. „Wir werden viel mit Experten von außen, der Netzcommunity und allen Akteuren reden, die eine Rolle spielen“, sagte Nadine Schön. Sie ist Fraktionsvize der Union. Die Saarländerin wird zusammen mit Jarzombek und Klingbeil sicher die stärkste Achse in dem Ausschuss bilden. Sie war, wie die meisten anderen Netzpolitiker auch, eine Befürworterin einer stärkeren Bündelung des Themas auch auf Regierungsebene. „Im Nachhinein ist das gar nicht schlecht so, weil nun wirklich alle erkannt haben, wie wichtig das Thema Digitalisierung ist“, sagte sie. Auch warnte sie davor, das Netz zu euphorisch oder zu pessimistisch zu beurteilen. „Es geht um eine pragmatische Sichtweise“, sagte Schön.

Nach der Einsetzung durch das Plenum am Donnerstag wird sich der Ausschuss kommende Woche konstituieren. Bis dahin wird vielleicht auch die Frage geklärt sein, welchen „Hashtag“ der Ausschuss bekommt. Bisher wurden Textnachrichten auf Twitter zum Ausschuss mit #Aida versehen, was „Ausschuss für Internet und digitale Agenda“ bedeuten sollte. Doch nun heißt das Gremium nur „Digitale Agenda“. Ein Begriff ist noch nicht gefunden. Aber Klingbeil hat dazu einen Wunsch: „So lange es nicht Titanic ist.“

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