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Niedersachsen-SPD: Linksruck im Gerhard-Schröder-Land

Niedersachsens SPD sucht einen neuen Spitzenmann – beide Bewerber signalisieren Offenheit für ein rot-rotes Bündnis 2013.

Die niedersächsische SPD sucht einen neuen Vorsitzenden, zwei Kandidaten liefern sich knapp zwei Monate vor dem Parteitag ein immer spannender werdendes Rennen. Entweder wird der Landesverband, Heimat von Altbundeskanzler Gerhard Schröder und Parteichef Sigmar Gabriel, von dem 45-jährigen Hannoveraner Stefan Schostok oder von dem 42-jährigen Friesländer Olaf Lies geführt. Bei den bisherigen Regionalkonferenzen, in deren Anschluss die Mitglieder abstimmen durften, haben die beiden ähnlich gut abgeschnitten: Für Lies plädierten 674 Genossen, für Schostok 661. Die frühere niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn liegt abgeschlagen auf dem dritten Platz.

Der einst erfolgsverwöhnte Landesverband hat in den vergangenen Jahren einige Niederlagen einstecken müssen: Bei der Landtagswahl 2003 wurde Sigmar Gabriel als Ministerpräsident abgelöst, CDU und FDP übernahmen unter Führung von Christian Wulff das Ruder. Fünf Jahre später schaffte es die SPD unter Wolfgang Jüttner nicht einmal ansatzweise, zu alter Stärke zurückzukehren. Jüttner führt noch die Fraktion im Landtag, aber es wird viel spekuliert über seine Ablösung im August. Vorsitzender des SPD-Landesverbandes war bislang der ostfriesische Bundestagsabgeordnete Garrelt Duin, ein entschiedener Gegner rot-roter oder rot-rot-grüner Bündnisse. Duin agierte glücklos, kassierte in der Bundestagsfraktion Niederlagen und verkämpfte sich in Hannover in parteiinternen Strukturdebatten. Darüber zerstritt er sich auch mit Gabriel, der einst sein Verbündeter gewesen war.

Schostok und Lies stehen für zwei verschiedene Machtzentren. Schostok führt den SPD-Bezirk Hannover, der etwa die Hälfte der Mitglieder stellt. Lies kommt – wie zuvor Duin – aus dem Bezirk Weser-Ems, der traditionell mit den Braunschweigern gegen Hannover paktiert. Ob diese Machtkonstellation beim entscheidenden Landesparteitag Ende Mai wieder zum Tragen kommt, zeichnet sich allerdings noch nicht ab.

Schostok ist ein Mann der leisen Töne, der einst Andrea Nahles als Juso-Vorsitzender half und einiges von politischer Theorie versteht. Er war Weggefährte des Urgesteins der Linken in der SPD, des Hannoveraners Peter von Oertzen. Lies ist in der Gewerkschaft DAG groß geworden, hat in der Kommunalpolitik für Gesamtschulen gestritten und wirkt stärker nach außen – er kann leidenschaftlich streiten, prescht gern vor und hat dabei eine stärkere Ausstrahlung als sein Mitbewerber Schostok.

Beide Kandidaten verstehen sich im Unterschied zu Duin als Linke in der Partei, und beide sind wohl auch einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei aufgeschlossen. Deren Fraktionschef Manfred Sohn hatte kürzlich ganz offen die Machtoption für die Zeit nach der Landtagswahl 2013 beschrieben. Er könne sich, sagte Sohn, eine Kooperation mit SPD und Grünen durchaus vorstellen.

Doch ob nun Schostok oder Lies den Landesvorsitz übernehmen wird – die personelle Konstellation der niedersächsischen SPD ist damit noch nicht abschließend geklärt. Lies wird zugetraut, dass er auch nach dem Fraktionsvorsitz im Landtag schielt und obendrein Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013 werden möchte. Im Fall seines Sieges beim Landesvorsitz müsste er aber damit rechnen, dass ihm die Hannoveraner nicht bereitwillig die gesamte Macht überlassen werden. Falls Schostok neuer Parteichef wird, könnte er möglicherweise auf die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl verzichten – und dieses Amt etwa dem in der SPD populären hannoverschen Oberbürgermeister Stephan Weil antragen. Bisher besagen die Umfragen allerdings, dass die SPD gegen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) keine Chance hätte.

Es gibt in der niedersächsischen SPD noch einen anderen, der nicht ohne Ehrgeiz ist: den früheren SPD-Generalsekretär und jetzigen Vorsitzenden des Bezirks Braunschweig, Hubertus Heil. Nicht wenige glauben, dass er Spitzenkandidat für die Landtagswahl werden will. Nicht wenige in der SPD aber wollen das verhindern, weil sie Heil für einen in Wahlkämpfen schwer vermittelbaren Typ halten.

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