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Nigeria

© AFP

Nigeria: Tödliche Kämpfe zwischen Christen und Muslimen

In Zentral-Nigeria sterben hunderte Menschen nach einer umstrittenen Kommunalwahl. Kirchen und Moscheen brennen.

Mehrere hundert Menschen, die Angaben schwanken zwischen 200 und 500, sind bei Konflikten zwischen Christen und Muslimen nach einer umstrittenen Kommunalwahl in der Stadt Jos ums Leben gekommen. Jos ist die Hauptstadt des Bundesstaates Plateau in Zentral-Nigeria und nicht zum ersten Mal Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen mit ethnischer und religiöser Färbung. Bei den Kämpfen wurden Kirchen und Moscheen angezündet, hunderte Häuser geplündert und Autos in Brand gesteckt.

Auslöser der mehrtägigen Auseinandersetzungen waren die am Donnerstag abgehaltenen Kommunalwahlen in Jos. Es waren die ersten seit dem Amtsantritt einer Zivilregierung in Nigeria im Jahr 1999. Beobachter berichteten, dass die Gewalt eskalierte, als Gerüchte über eine Wahlniederlage der muslimischen ANPP gegen die christlich dominierte Regierungspartei PDP publik wurden. Die ANPP wirft der Regierungspartei Wahlbetrug vor, zumal sie am Wahlkampf gehindert worden sei. Der Gouverneur des Plateau-Staates erließ einen Schießbefehl gegen alle, die gegen die am Freitag verhängte Ausgangssperre verstoßen. Die Menschenrechtsgruppe Huriwa wie die Anglikanische Kirche in Nigeria machen die Regierung für den Gewaltausbruch mitverantwortlich. Der Erzbischof von Abuja, Peter Akinola, sagte der Zeitung „Guardian“, die Justiz habe mit Billigung der Regierung nach ethnischen oder religiösen Zusammenstößen noch nie einen der Täter verurteilt. Die Kapitulation der Polizei vor religiöser Gewalt hätten zu einer Kultur der Straflosigkeit geführt, kritisiert Huriwa.

Jos wird traditionell von den christlichen Ibo (oder Igbo) dominiert. Seit einigen Jahren sind aber vermehrt Muslime der Haussa-Fulani-Volksgruppe aus dem Norden in die Region gezogen. Die gegenwärtigen Zusammenstöße sind die schlimmsten seit 2004. Damals waren bei Kämpfen zwischen beiden Gruppen mehr als 700 Menschen getötet worden.

Die Spannungen zwischen Muslimen und Christen im ariden und wirtschaftlich unterentwickelten Norden, aber auch im Zentrum von Nigeria haben zugenommen. Verschärft wird die Lage seit der Jahrtausendwende durch die Einführung der Scharia, des islamischen Rechts, in den nördlichen Bundesstaaten. Besonders kontrovers ist, dass die Scharia von der muslimischen Mehrheit dort auch gegenüber anderen religiösen Minderheiten angewendet wird, obwohl dies gegen die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit verstößt.

Was wie ein Krieg der Religionen aussieht, ist ein Kampf um knappe Ressourcen. Das mit 140 Millionen Menschen (Volkszählung 2006) bevölkerungsreichste Land Afrikas hat eine gewählte Regierung, aber keine staatlichen Institutionen, die die Konflikte der mehr als 250 Volksgruppen entschärfen könnten. Zudem war die Präsidentenwahl im vergangenen Jahr sehr umstritten.

Hinzu kommt, dass der Islam vor dem Hintergrund von Staatsverfall und Korruption den Menschen in Afrika Gerechtigkeit und Ordnung verspricht. Vor allem im Sahel, am Schnittpunkt von Islam und Christentum in Afrika, befürchten einige Beobachter einen Ausbruch der latenten Spannungen zwischen Christen und Muslimen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Afrika gegenwärtig rund 400 Millionen Muslime leben – mehr als im Nahen Osten. Diesen steht fast genau die gleiche Zahl an schwarzen Christen gegenüber. Der Islam ist vor allem in Ländern auf dem Vormarsch, die sich in einem Gürtel vom Senegal quer über den Südrand der Sahara bis nach Kenia ziehen.

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