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Ließ sich von keiner Macht ausbremsen. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister Nordrhein-Westfalens, übergab jetzt 19 Staaten Kontodaten von 100 000 mutmaßlichen Steuersündern.

© dpa

Norbert Walter-Borjans: Robin Hood der Steuerzahler

Nordrhein-Westfalen gilt im Kampf gegen Steuerhinterziehung als Vorreiter. Das liegt vor allem an Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Der übergab jetzt Kontodaten an 19 Länder. Ein Portrait.

Norbert Walter-Borjans erzählt die Geschichte mit einem feinen Lächeln auf den Lippen. Auch wenn es schwerfällt, versucht er immer wieder, sich jeden Anflug von Genugtuung zu verbieten. Demnach kam der Mann nach einem Vortrag auf ihn zu und wollte ihn nur kurz sprechen. Er stellte sich – ohne seinen Namen zu nennen – als Mitarbeiter einer großen Bank vor und berichtete davon, wie häufig ihn in den vergangenen Jahren das Gebaren der Branche schockiert habe. Der Mann erzählte von Gesprächen in abhörsicheren Räumen, in denen all das ausgetüftelt wurde, was in diesen Tagen immer mal wieder die Öffentlichkeit in Atem hält, wenn ein neuer Datenträger bekannt gemacht wird. „Immerhin berichtete der Mann mir, dass sie inzwischen alle Angst haben, entdeckt zu werden“, erzählt Walter-Borjans, „und dann wünschte er mir viel Erfolg, weil er für richtig hält, dass wir solche Praktiken ans Licht holen“.

In der Schweiz und in Luxemburg sehen das naturgemäß viele nicht so. Vor allem dem Düsseldorfer Finanzminister, der jetzt wieder Kontodaten an 19 Staaten übergab, haben sie zu verdanken, dass ihre alten Geschäftspraktiken an den Pranger gestellt wurden und das Geschäft mit dem Schwarzgeld nicht nur für die Steuerhinterzieher gefährlich geworden ist; inzwischen haben sogar etliche Banken empfindliche Geldbußen in zum Teil dreistelliger Millionenhöhe gezahlt, um danach Ruhe zu haben. „Das war nicht leicht und anfangs bin ich wechselweise belächelt, aber auch politisch behindert worden“, erzählt Walter-Borjans, dessen rheinischer Tonfall schnell vergessen machen könnte, dass hier jemand aus tiefer Überzeugung außerordentlich hartnäckig auch dann weitergemacht hat, als man ihn auszubremsen versuchte. Selbst in der SPD hat es einige Zeit gedauert, bis die Parteispitze in Berlin begriffen hatte, dass der internationale Kampf gegen Steuerhinterziehung mehr als das Steckenpferd eines einsamen Finanzministers ist, der seine klamme Kasse aufbessern musste.

Unter denkbar schlechten Vorraussetzungen gestartet

In der Tat war Norbert Walter-Borjans 2010 in der Minderheitsregierung von Hannelore Kraft unter denkbar schlechten Voraussetzungen gestartet. Er musste als Erstes die Verschuldung erhöhen und dann wurde sein Haushalt auch noch vom Verfassungsgericht gekippt. Politisch galt er als erledigt, obwohl er nur die unrealistischen Zahlen seines christdemokratischen Vorgängers korrigiert hat. In den Jahren danach bot er Angriffsflächen, weil er zwar die Neuschulden um mehr als 80 Prozent verringerte, aber immer noch darauf bestand, dass genügend investiert wurde und er die Nulllinie erst für 2019 ansteuert. „Genau das verspreche ich und am Ende schaffen wir die Quadratur des Kreises“, sagt er inzwischen und schiebt dann nach, was er sich alles vorgenommen hat: Er will den Haushalt ausgleichen, die Steuern für Normalverdiener senken und gleichzeitig endlich mehr investieren, weil die Infrastruktur in Deutschland das braucht. An dieser Stelle kommen wieder die Datenträger ins Spiel, die er überwiegend angekauft hat, die ihm inzwischen allerdings auch mal kostenlos ins Haus flattern. „Ja, es gibt inzwischen nicht wenige aus der Branche, die sich dafür schämen, was sie getan haben und auf diese Weise eine Art Wiedergutmachung betreiben“, freut sich der Wahl-Kölner, der es auch stoisch ertragen hat, dass ihn die Geldhäuser besonders in der Schweiz ganz besonders hassen. Als seine Fahnder kürzlich in der Schweiz per Haftbefehl gesucht wurden, fuhr er in die Alpenrepublik und hat sowohl den politisch Verantwortlichen wie der Öffentlichkeit im Fernsehen erklärt, warum er dem Land dringend zu einer wirklichen Weißgeldstrategie rät.

Alleine im nordrhein-westfälischen Haushalt sind inzwischen mehr als zwei Milliarden Euro angekommen, die Kosten für den Ankauf der Datenträger lagen bei bescheidenen 18 Millionen Euro. „Der Bund zahlt bisher immer 50 Prozent, der Rest wird durch die Länder geteilt, bei uns bleibt immer ein Anteil von etwa zehn Prozent der Gesamtsumme“, bilanziert er heiter und fügt noch hinzu, dass der bundesdeutsche Fiskus insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro in den zurückliegenden Jahren kassiert hat. Da wird es zur Drohung, wenn Walter-Borjans verspricht: „Ich mache fröhlich weiter.“

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