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Clinton

© dpa

Nordkorea: Ex-US-Präsident Clinton verhandelt in Pjöngjang

Bill Clinton ist überraschend nach Nordkorea gereist. Dort will er sich für zwei inhaftierte US-Journalistinnen einsetzen – und auch Staatschef Kim Jong Il treffen.

Überraschender Kontakt zwischen Nordkorea und den USA auf Spitzenebene: Der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton hat sich bei seinem Besuch in Pjöngjang am Dienstag mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il getroffen. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete unter Berufung auf die staatlichen Medien des kommunistischen Nachbarlandes, Clinton habe eine mündliche Botschaft von US-Präsident Barack Obama überbracht. Das Weiße Haus dementierte dies umgehend. Es habe keine Botschaft Obamas gegeben.

Yonhap meldete weiter, während eines Abendessens im Gästehaus der nordkoreanischen Führung hätten beide einen "breiten Fächer von Themen" angesprochen. Stunden zuvor war Clinton in Pjöngjang eingetroffen – wie es hieß, um die Freilassung zweier inhaftierter amerikanischer Journalistinnen zu erreichen.

Der 62-Jährige, Ehemann der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton, wurde bei seiner Ankunft auf dem Flughafen von nordkoreanischen Regierungsvertretern begrüßt. Auch das Staatsfernsehen berichtete über die Ankunft.

Die Regierung in Washington sprach von einer "ausschließlich privaten" Reise zur Freilassung der seit fünf Monaten festgehaltenen Frauen. Es wurden keinerlei Einzelheiten – beispielsweise zur Dauer des Besuchs – mitgeteilt. "Wir wollen den Erfolg der Mission des früheren Präsidenten Clinton nicht gefährden", teilte das Weiße Haus mit.

US-Medien berichteten, die Regierung wolle die Bemühungen um die Freilassung der Reporterinnen und den Streit um das nordkoreanische Atomprogramm strikt trennen. Dagegen ist nach südkoreanischen Informationen mit dem Besuch auch die Hoffnung verknüpft, neue Bewegung in den festgefahrenen Konflikt zu bringen und die Sechs-Parteien-Gespräche wieder zu beleben.

Clinton wurde auf dem Flughafen unter anderem von Vize-Außenminister Kim Kye-Gwan begrüßt, dem Verhandlungsführer in den Atomgesprächen, berichtete das Staatsfernsehen des kommunistischen Landes. "Unsere Kinder empfingen Herrn Clinton mit Blumen", hieß es. Ein Vertreter der regierenden Arbeiterpartei sprach von einem "humanitären Ereignis" zur Freilassung der beiden Amerikanerinnen.

Das Regime in Pjöngjang hatte im April seinen unwiderruflichen Rückzug von den seit 2003 laufenden Gesprächen über den Abbau seines Atomwaffenprogramms erklärt. Das Land reagierte damit auf die Verurteilung des Starts einer nordkoreanischen Langstreckenrakete durch den Weltsicherheitsrat. An den Gesprächen waren außer Nordkorea und den USA auch China, Südkorea, Japan und Russland beteiligt.

Die beiden Journalistinnen Laura Ling und Euna Lee arbeiten für die Mediengruppe Current TV in San Francisco, die vom früheren Vize-Präsidenten Al Gore mitbegründet worden ist. Gore war Clintons Stellvertreter. Die beiden Frauen waren Mitte März nahe der chinesisch-nordkoreanischen Grenze ergriffen worden, während sie über nordkoreanische Flüchtlinge berichteten. Sie wurden wegen "schweren Verbrechens gegen die koreanische Nation und illegalen Grenzübertritts" zu jeweils zwölf Jahren Arbeitslager verurteilt. Kreise in Südkorea gehen davon aus, dass Nordkorea und die USA seit Wochen intensiv über den Fall verhandeln.

Ähnlich wie Clinton hatte bereits 1994 Ex-Präsident Jimmy Carter nach Ende seiner Amtszeit Nordkorea besucht. Er hatte den damaligen Machthaber und Staatsgründer Kim Il Sung – Vater des heutigen Diktators Kim Jong Il – getroffen. Das Treffen hatte Nordkorea damals an den Verhandlungstisch zurückgeführt.

Unter Clintons Nachfolger George W. Bush hatten sich die Beziehungen verschlechtert. Bush hatte Nordkorea zusammen mit anderen Staaten auf einer "Achse des Bösen" verortet.

Derzeit gilt das Land, dessen Bevölkerung unter bitterer Armut leidet, international als isoliert. Den jüngsten Atomtest im Mai hatten im Weltsicherheitsrat auch China und Russland, die bis dato die Verbindung nach Pjöngjang gehalten hatten, scharf verurteilt.

Quelle: ZEIT ONLINE

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