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Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) (Archivfoto)

© dpa/Martin Schutt

Update

Vor dem Bund-Länder-Gipfel: Länder streiten über Umgang mit Großveranstaltungen

Thüringens Regierungschef Ramelow sieht durch die Impfkampagne die Chance für Lockerungen. Bei den Bund-Länder-Beratungen geht es auch um Großveranstaltungen.

Die Länderchefs und die Bundeskanzlerin wollen am Nachmittag gemeinsam beraten. Umstritten ist der Abstimmungsbedarf mit Blick auf Großveranstaltungen. Die Frage, wie damit in der aktuellen Corona-Lage umgegangen werden soll, sorgt unter den Bundesländern für teils erhebliche Verstimmungen.

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Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sehen zumindest Teile der SPD-regierten Länder an diesem Donnerstag bei der Ministerpräsidentenkonferenz Abstimmungsbedarf zum weiteren Vorgehen für allgemeine Großveranstaltungen, aber auch mit Blick auf die anstehende Fußball-Europameisterschaft.

Dagegen sieht die B-Seite, also die unionsregierten Länder plus das Grünen-geführte Baden-Württemberg, laut Informationen aus Teilnehmerkreisen das Thema genau wie das Kanzleramt zunächst nicht auf der Tagesordnung. Eine Einigung zu dem Punkt gilt daher als sehr unwahrscheinlich.

Dem Vernehmen nach wünscht sich die SPD-Seite etwa grundlegende Rahmenbedingungen für Zuschauer bei Großveranstaltungen in Innenräumen und Open-Air abhängig von der Inzidenz, der Impfquote und einer verbindlichen Test- und Maskenpflicht.

Am Mittag (13.15 Uhr) wollten die Länderchefs zunächst unter sich beraten und dann am Nachmittag (15 Uhr) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), jeweils per Videokonferenz. In der Bund-Länder-Runde sollen aber eigentlich Corona-Themen nicht im Mittelpunkt stehen. Geplante Themen sind vielmehr der Stand der Digitalisierung der Verwaltung und die Energiewende in Deutschland.

Ramelow fordert kompletten Öffnung im Herbst

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) spricht sich nach einem Zeitungsbericht dafür aus, die Corona-Regeln im Herbst komplett zu lockern. „Ich glaube, wir können das Risiko der kompletten Öffnung im Herbst eingehen“, sagte Ramelow der „Rheinischen Post“ vor dem Treffen der Regierungschefs der Länder am Donnerstag. Laut ihrem derzeitigen Vorsitzenden Michael Müller (SPD) beraten die Ministerpräsidenten unter anderem über Corona-Regelungen für Großveranstaltungen.

Die Widerstandskraft sei durch den Impfstoff in diesem Jahr höher. Er wisse aber auch, dass sich 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung nicht impfen lassen werden. „Die müssen das Risiko dann selbst tragen und verantworten“, sagte Ramelow.

Nach Angaben des Regierungschefs sind in Thüringen wahrscheinlich zwei Menschen infolge einer Corona-Impfung gestorben. Er bedauere das sehr, die Angehörigen erhielten Unterstützung, sagte Ramelow. „Aber bei zwei zu einer Million sind die Risiken abschätzbar und erklärbar“, fügt er hinzu. „Normalität heißt, mit Risiken zu leben.“

Gesundheitsminister Jens Spahn mahnte jedoch trotz der erfreulichen Tendenz vor einigen Wochen zur Vorsicht. „Wie der Juli und August werden, das entscheidet sich in den nächsten sechs Wochen“, sagte der CDU-Politiker. Er appellierte an Bundesländer und Kreise, unter anderem die Innengastronomie erst ab Inzidenzen unter 50 zu öffnen.

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), forderte bundeseinheitliche Regeln für Großveranstaltungen sowie für Risikogebiete. Es müsse gemeinsame Regeln für den Umgang mit Volksfesten und Großveranstaltungen geben. Dasselbe gelte für Risikogebiete: „Es kann immer passieren, dass in einzelnen Regionen die Corona-Zahlen wieder steigen“, erklärte Schwesig. Dann müsse konsequent gehandelt werden.

Göring-Eckardt mahnt, Zeit bis zum Herbst zu nutzen

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mahnte, die Zeit bis zum Herbst zu nutzen: „Für die Verantwortlichen in Bund und Ländern ist jetzt die Zeit, den Herbst vorzubereiten“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Sollten die Corona-Zahlen nach dem Sommer erneut ansteigen, dürfen wir nicht wieder unvorbereitet sein.“

[Mehr zum Thema: Ab Donnerstag verfügbar – Die wichtigsten Fragen zum digitalen Corona-Impfpass]. 

Vor allem müssten Schulen besser ausgestattet werden, etwa mit Luftfiltern: „Unterricht muss in Sicherheit möglich sein, selbst wenn die Infektionszahlen wieder steigen sollten“, sagte die Grünen-Politikerin.

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) kritisiert vor dem Bund-Länder-Treffen die Corona-Politik. „Es ist nicht erkennbar, was noch geschehen soll, damit die Branche endlich wieder Geld verdienen kann anstatt auf staatliche Hilfen angewiesen zu bleiben“, sagt BDKV-Präsident Jens Michow den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Vorabbericht.

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Die Branche sei in der Lage, nur geimpften, getesteten oder genesenen Personen den Zutritt zu Veranstaltungen zu gewähren. „Sofern sich die aktuelle Entwicklung der Inzidenzrate fortsetzt, ist für mich nicht erkennbar, wieso Kapazitätseinschränkungen in Veranstaltungsstätten noch verhältnismäßig sein sollten.“ Er fordert Rahmenbedingungen, wie Veranstaltungen ohne Abstandsregeln wieder möglich sein können.

Bundesweite Regelung für Großveranstaltungen

Angesichts der sinkenden Corona-Zahlen hat sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil vor den neuen Bund-Länder-Beratungen für eine bundesweite Regelung für Großveranstaltungen wie etwa Volksfeste ausgesprochen. „Das wäre auf jeden Fall von Vorteil“, sagt der SPD-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Denn es gehe häufig um Veranstaltungen mit einem ähnlichen Format.

[Mehr zum Thema: Die Charité zieht Lehren aus der Pandemie (T+)]. 

„Deswegen wäre es gut, wenn wir einheitliche Maßstäbe hätten.“ Dabei gehe es um Kapazitätsbegrenzungen, Impfungen und Testungen sowie klare Hygienekonzepte. „Dann kann man sich langsam aber sicher auch wieder an größere Veranstaltungen herantasten.“ Zugleich warnte Weil auch wegen der Virus-Mutationen vor übereilten Lockerungen. „Wir sind jetzt eigentlich ziemlich dicht vor dem Ziel – so ist mein Eindruck – und ganz kurz vor dem Ziel da sollte man keine Fehler mehr machen.“

Seine Schweriner Kollegin Manuela Schwesig (SPD) unterstützt die Forderung ebenfalls: „Mecklenburg-Vorpommern wirbt dafür, dass wir uns auf gemeinsame Regeln für den Umgang mit Volksfesten und Großveranstaltungen verständigen. Da sollten wir möglichst einheitlich vorgehen“, sagte sie der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).

Gespräche über Impfangebote für Kinder und Jugendliche

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), hatte der Deutschen Presse-Agentur zu den anstehenden Gesprächen gesagt: „Neben den allgemeinen Themen der regulären MPK wird es auch im Interesse aller Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten um mögliche Zulassungen von Großveranstaltungen mit Publikum gehen.“ Zudem gehe er davon aus, dass man über die kommenden Impfstofflieferungen und Impfangebote insbesondere für Kinder und Jugendliche sprechen werde.

Selbst eine bedingte Zulassung von Großveranstaltungen würde für manche Organisatoren abgesagter Events womöglich aber nicht viel ändern. Beim größten deutschen Volksfest nach dem Oktoberfest, dem Cannstatter Waasen in Stuttgart, etwa könnten zwar Schausteller und Marktkaufleute theoretisch auch kurzfristig reagieren, wie es beim Schaustellerverband im Südwesten hieß, Festwirte bräuchten aber mehr Vorlauf. Und im Rathaus hieß es, es bleibe beim Absagebeschluss.

Kretschmer erwartet ehrliche Analyse der Finanzsituation

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) erwartet von der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag eine Bilanz der Corona-Bekämpfung und eine ehrliche Analyse der Finanzsituation. „Wir müssen offen über die Probleme, die Traumata, die Lage der Kinder und Jugendlichen sprechen. Auch über die Kosten dieser Pandemie von 400 Milliarden Euro“, sagt Kretschmer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Viele neue Leistungsgesetze in den vergangenen Jahren und die Anstrengungen in dieser Pandemie hätten Deutschland in eine Situation gebracht, „dass keine nennenswerten großen neuen Sozialausgaben mehr zu schultern sind in den nächsten Jahren“. Die Schulden dürften nicht den nachfolgenden Generationen aufgebürdet werden. „Das muss unsere Generation zurückzahlen.“ (dpa/epd/Reuters)

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