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Politik: NRW-CDU-Chef Jürgen Rüttgers streitet für Angela Merkel als Vorsitzende der Gesamtpartei - weil ihm nichts übrig bleibt

Einblicke in seine Gefühlslage gewährt Jürgen Rüttgers an diesem Vormittag nicht. Seine beiden Hände stützt er auf das durchsichtige Pult, die Stimmlage verrät keine Emotion.

Einblicke in seine Gefühlslage gewährt Jürgen Rüttgers an diesem Vormittag nicht. Seine beiden Hände stützt er auf das durchsichtige Pult, die Stimmlage verrät keine Emotion. Sein Gesichtsausdruck ist wie so oft in der jüngeren Vergangenheit: Hinter der randlosen Brille signalisieren nur die Augen, dass ihm wenig im Raum entgeht. Selbst als diese Frage kommt, auf die er natürlich gewartet hat, zeigt er keine Regung. "Nein", bescheidet er den Fragesteller, der wissen wollte, ob der Düsseldorfer Fraktionschef Laurenz Meyer jetzt Generalsekretär in Berlin werde, "darüber haben wir im Landesvorstand nicht gesprochen."

Neben Rüttgers steht Herbert Reul, der Düsseldorfer Generalsekretär. Als die Frage nach dem Kollegen Meyer kam, platzte es fast aus ihm heraus. Er lachte so auffällig, dass jeder im Saal verstehen musste, wie sehr ihn amüsierte, dass sich der Vorsitzende des größten Landesverbandes jetzt windet. Natürlich werden die Nordrhein-Westfalen versuchen, auch in dieser Frage mitzureden, nachdem sie bei der Wahl der neuen Vorsitzenden Angela Merkel ein wenig spät gekommen sind. "Die personellen Vorschläge sind breit diskutiert worden", sagt Rüttgers nach der Sitzung des Landesvorstandes, "das Ergebnis ist tragfähig." Besonders viel gab es freilich nicht mehr zu diskutieren. Spätestens in der Recklinghauser Regionalkonferenz muss auch Rüttgers klar geworden sein, dass es zu Angela Merkel keine Alternative mehr gibt. Die amtierende Generalin ist dort mit "Angie, Angie"-Rufen geradezu gefeiert worden.

Seither weiß auch Rüttgers, dass seine Gedankenspiele weit weg von der Realität waren. Im Düsseldorfer Landtag erzählen einem CDU-Leute schon einmal ungefragt, dass der NRW-Chef natürlich darauf gehofft hatte, in Essen zum Vorsitzenden der Gesamtpartei gewählt zu werden und sich deshalb so lange mit seinem offiziellen Bekenntnis zur weiblichen Konkurrentin Zeit gelassen hat. Seine eigene Lage ist kurz vor dem Landes-Parteitag seiner Union am Wochenende in Köln nicht besonders komfortabel. Er muss sich öffentlich darüber freuen, dass die CDU bundesweit wieder bei 32 Prozent gehandelt wird. "Man sieht, unsere Strategie geht auf", sagt er und nimmt die mageren Zahlen als Beleg für die Trendwende.

Dass ihn der eine oder andere aus der eigenen Partei inzwischen als kalten Taktierer qualifiziert, lässt Rüttgers ebenso wenig gelten wie Kritik an seinem Kampf gegen muttersprachlichen Unterricht für Ausländer sowie an den Attacken gegen die Schrödersche Greencard. "Greencard ist die Überschrift für eine Politik, die an den Interessen der kleinen Leute vorbeigeht", sagt er. Schröder und Clement sind für ihn nur noch die "Genossen der Bosse", er hingegen übernimmt die Rolle des Samariters.

"Die CDU muss die Partei der ehrlichen Bürger werden, die hier ihre Steuern zahlen", lautet sein Credo. Natürlich will er dafür sorgen, dass dies auch in der Gesamtpartei gehört wird - egal wer Generalsekretär neben Angela Merkel wird.

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