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Politik: NS-Zwangsarbeiter: Ein sehr filigranes Gewebe

Wieder steht ein Termin im Raum, an dem der Weg für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter endlich frei sein soll. "Wir haben die Hoffnung und Erwartung, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Auszahlungen nach Möglichkeit noch vor der Sommerpause geschaffen werden", sagte Dieter Kastrup, der Kuratoriumsvorsitzende der Zwangsarbeiterstiftung, am Mittwoch in Berlin.

Wieder steht ein Termin im Raum, an dem der Weg für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter endlich frei sein soll. "Wir haben die Hoffnung und Erwartung, dass die rechtlichen Voraussetzungen der Auszahlungen nach Möglichkeit noch vor der Sommerpause geschaffen werden", sagte Dieter Kastrup, der Kuratoriumsvorsitzende der Zwangsarbeiterstiftung, am Mittwoch in Berlin. Die Hoffnungen richten sich weiterhin auf die US-Gerichte. Das Kuratorium appellierte in einer Resolution an die Richter, die noch anhängigen Klagen gegen deutsche Unternehmen zügig abzuweisen. Vertreter der Opfer hatten sich jedoch mehr gewünscht als einen Appell. In der Sondersitzung des Kuratoriums, die Vertreter der osteuropäischen Länder beantragt hatten, kam es daher am Mittwoch zu heftigen Diskussionen.

Die von einer Mehrheit verabschiedete Resolution ging einigen Kuratoriumsmitgliedern nicht weit genug. Gegen den Entwurf stimmten neben Lothar Evers vom Bundesverband Beratung für NS-Verfolgte auch die Kuratoren aus Polen und der Ukraine. Sie hätten in den Entwurf gern die Aufforderung an den Bundestag aufgenommen, das Stiftungsgesetz zu ändern und damit den sofortigen Beginn der Auszahlungen zu ermöglichen, auch wenn die Rechtssicherheit noch nicht festgestellt ist. Einer Gesetzesänderung erteilte eine Mehrheit im Kuratorium jedoch eine klare Absage.

Für Otto Graf Lambsdorff war es schon von Anfang an klar: Die Sitzung des Kuratoriums könne "nur wenig oder gar nichts" an der Situation ändern. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Entschädigung sprach sich gegen eine Änderung des Stiftungsgesetzes aus und betonte das Interesse der Bundesregierung am Rechtsfrieden. Das Gesetz stehe im Kontext einer gemeinsamen Erklärung und sei im Konsens zwischen acht Regierungen, den Unternehmen und weiteren Beteiligten entstanden. "Das ist ein sehr filigranes Gewebe. Es darf nicht beschädigt werden", betonte Lambsdorff in der Sitzung. Wenn die Konditionen verschoben würden, hätte die Stiftungsinitiative der Wirtschaft berechtigten Anlass, ihre Zusagen zu überdenken. Auch die Anregung, die so genannten Zustiftungen etwa von Privatleuten für Härtefälle freizugeben, ist nach Auffassung des Beauftragten der Bundesregierung nicht mit dem Stiftungsgesetz vereinbar. "So mühsam und frustrierend es ist: Wir müssen bei dem eingeschlagenen Weg bleiben", betonte Lambsdorff.

Die Hoffnung des Kuratoriums, dass der Bundestag die für den Beginn der Auszahlungen notwendige Rechtssicherheit noch bis zur Sommerpause feststellen kann, stützt sich auf einen Bericht des US-Anwalts Burt Neuborne. Dieser zeigte sich nach Kastrups Angaben am Mittwoch vorsichtig optimistisch, dass die bei der US-Richterin Shirley Kram anhängigen Klagen bis zum 1. Mai abgewiesen werden. Kram hatte es vor zwei Wochen erneut abgelehnt, eine Sammelklage gegen deutsche Banken abzuweisen, obwohl sich neben der deutschen Wirtschaft auch die Opferanwälte für eine Abweisung aussprechen. Das zuständige Berufungsgericht in New York habe den Beteiligten am Dienstag kurze Fristen zur Stellungnahme gesetzt, berichtete Neuborne.

Eine Arbeitsgruppe der deutschen Wirtschaft und der Bundesregierung muss noch klären, welche weiteren Klagen zur Herstellung ausreichender Rechtssicherheit abgewiesen werden müssen. Neben den bei der Richterin Kram anhängigen Klagen gibt es derzeit noch ein Dutzend weitere Fälle. In der zweiten Juliwoche geht der Bundestag in die Sommerpause. Wenn das Parlament bis dahin die Rechtssicherheit anders als erhofft nicht festgestellt hat, bedeutet das eine weitere Verzögerung der Auszahlungen. Opferverbände befürchten, dass aus der Stiftung eine "Hinterbliebenen-Stiftung" wird. Jeden Tag sterben schätzungsweise 200 ehemalige Zwangsarbeiter.

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