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Die ungeschwärzten Akten des Verfassungsschutzes Thüringen sorgen für Ärger.

© dapd

NSU-Untersuchungsausschuss: Weiter Gezerre um ungeschwärzte Akten

Die Innenminister der Länder wollen die von Thüringen gelieferten Akten zum Fall NSU nachträglich schwärzen lassen. Der NSU-Ausschuss im Bundestag hat Vorbehalte. Ein Spitzentreffen Mitte nächster Woche soll es richten.

Das Gezerre um die ungeschwärzten Thüringer Akten zum Fall der rechtsextremen Terrorzelle NSU wird heftiger: Die Innenminister der Länder wollen erreichen, dass in den Dokumenten nachträglich Passagen unkenntlich gemacht werden. Der Vorsitzende des Neonazi-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), hat aber Einwände dagegen. Am Mittwoch wollen sich Edathy und die Obleute des Gremiums mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), zusammensetzen, um zu einer Lösung zu kommen.

Die Thüringer Landesregierung hatte dem Untersuchungsausschuss, der sich mit möglichen Ermittlungspannen bei der über Jahre hinweg erfolglosen Aufklärung der NSU-Mordserie befasst, hunderte ungeschwärzte Akten überstellt. Die großzügige Aktenlieferung sorgte für Empörung bei Verfassungsschützern aus Bund und Ländern. Sie befürchten, dass dadurch sensible Daten ans Licht kommen und V-Leute auffliegen könnten. Auch Friedrich und die Bundesanwaltschaft hatten vor einer Enttarnung dieser geheimen Informanten gewarnt.

Die Innenministerkonferenz schaltete sich nun mit einem Vorschlag ein. Wie die „Thüringer Allgemeine“ am Freitag berichtete, schrieb die Runde der Länder-Ressortchefs an Edathy. Ihre Empfehlung: Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden sollen die Möglichkeit bekommen, die Papiere einzusehen und im Zweifel Passagen zu schwärzen. Dafür solle es sechs Wochen Zeit geben. Mit Ausnahme von Thüringen stünden alle Innenminister der Länder hinter dem Vorschlag.

Die Innenministerkonferenz war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Aus dem Untersuchungsausschuss kam aber eine Bestätigung zu dem Zeitungsbericht.

Edathy sagte dem Blatt: „Ich gehe davon aus, dass diese Empfehlung so nicht umgesetzt werden wird.“ Er betonte, der Untersuchungsausschuss habe inzwischen die Hoheit über die fraglichen Akten.

Die Flut an Unterlagen aus Erfurt stellt das Gremium vor große Herausforderungen. Die Obleute haben bereits empfohlen, einen Ermittlungsbeauftragten einzusetzen, der die Papiere vorab sichtet. Im Gespräch ist der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer, der in Thüringen Pannen der dortigen Sicherheitsbehörden untersucht hatte.

Offen ist nun, ob sich der Ausschuss unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Aktenschwärzung einlässt. Aus dem Gremium war am Freitag zu hören, zur Debatte stehe, dass der Ermittlungsbeauftragte die Unterlagen ungeschwärzt einsehen könne und nur die Auswahl für die Abgeordneten bearbeitet werde. Zu diskutieren sei aber auch, ob die Parlamentarier - unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen - ebenfalls Zugang zu den ungeschwärzten Akten bekommen sollen.

Thüringen hält bislang trotz des großen Widerstands an seinem Kurs fest. Landesinnenminister Jörg Geibert (CDU) sagte der „Thüringer Allgemeinen“, dass er bei „seiner Linie einer völligen Transparenz bleiben“ werde. (dpa)

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