zum Hauptinhalt

Politik: Nur Justizminister wollte keiner werden

Italiens Regierungschef Prodi stellt seine Regierung vor – er musste viele neue Ministerien schaffen

Ganze 37 Tage nach der Parlamentswahl steht die italienische Regierung. Das ist eher untypisch für Italien. Mit Romano Prodi an der Spitze hat sie am Mittwoch ihren Amtseid abgelegt.

Der Siebzehnte, wieder einmal. „Aber diesmal ist es wenigstens kein Freitag“, scherzt der Professore. Am Freitag, dem 17. Mai 1996, hat Romano Prodi zum ersten Mal seinen Eid als Ministerpräsident abgelegt – und weil die Siebzehn im Italienischen das ist, was die Dreizehn im Deutschen ist, kam es, wie es kommen musste: Prodis Regierung brach im Oktober 1998 zusammen. Exakt zehn Jahre nach seinem ersten Versuch ist Prodi zum zweiten Mal angetreten. „Mit einer ausgewogenen und stabilen Mannschaft“, sagt er. Die soll jetzt fünf Jahre lang halten.

„Präsident des Ministerrats: Romano Prodi.“ Huscht da nicht ein Lächeln über das Gesicht des 66-Jährigen, als er im Palast des Staatspräsidenten die Liste der neuen Regierungsmitglieder verliest? Bevor einer etwas bemerkt, kneift Prodi die Lippen zusammen und liest weiter. Nächtelang haben sie über der Kabinettsliste gebrütet, die Führer der Mitte-links-Koalition. Noch die allerkleinste Partei sollte mit einem Posten zufrieden gestellt werden, und in den großen forderte jede einzelne Strömung „ihren“ Mann. Der Reihe nach marschierten sie an Prodis Sitz vorbei: „Wir wollen das Verteidigungsministerium, nichts sonst“, sagten die Radikalen von der „Rose in der Faust“ mit den Christdemokraten von der Udeur, „andernfalls steigen wir gleich aus dem Bündnis aus“. „Wenn wir nicht berücksichtigt werden, unterstützen wir euch höchstens von außen“, drohten die Altkommunisten noch in der Nacht zum Mittwoch. Und weil Prodi im Senat, der zweiten Parlamentskammer, nur über wacklige zwei Sitze Mehrheit verfügt, wurde hastig ein Kommunistenfreund auf den Posten des Verkehrsministers gehoben. Bisher vereinte Ministerien wurden geteilt, damit genügend repräsentative Stellen entstanden. So laufen Schule und Universität künftig getrennt; aus dem „Wohlfahrtsministerium“ wurden drei Ressorts.

Immerhin: aus den Mächtigsten in der Koalition sind die Mächtigsten in der Regierung geworden. Massimo D’Alema, an dem bereits die Ämter des Parlaments- und des Staatspräsidenten vorbeigegangen sind, zieht ins Außenministerium ein. Damit haben die Linksdemokraten von der „Eiche“ als größter Koalitionspartei eine angemessene Vertretung im Kabinett – und in der Partei eine Sorge weniger: D’Alema als Parteipräsident und Piero Fassino als Parteisekretär, das funktionierte nicht gerade reibungslos. Neben dem Ex-Kommunisten D’Alema wird der Zentrist Francesco Rutelli von der Margheritenpartei zweiter Vizeregierungschef und dazu noch Kulturminister. Auch Rutelli fühlt sich seit Jahren zu Höherem berufen. Die Parlamentswahl 2001 allerdings, hatte er als linker Spitzenkandidat gegen Silvio Berlusconi verloren.

Emma Bonino, die so gerne Verteidigungsministerin geworden wäre, muss sich „ohne Portefeuille“ mit den Europaangelegenheiten zufrieden geben. Gut, da kennt sie sich aus: Sie war EU-Kommissarin von 1994 bis 1999. Tommaso Padoa- Schioppa, bis vor kurzem im Verwaltungsrat der Europäischen Zentralbank, übernimmt die schwierige Zuständigkeit für die von Berlusconi zerrütteten Staatsfinanzen. Und Giuliano Amato, Vizepräsident des EU-Verfassungskonvents, wird Innenminister. Gegenüber Europa also zeigt die Regierung des früheren Kommissionspräsidenten Prodi ihr stärkstes Gesicht – ganz im Gegensatz zu der Verachtung, mit der Berlusconi es gestraft hat.

Nur Justizminister wollte keiner werden. Fünf Jahre lang hatte der Kampf zwischen Berlusconi und den Richtern sowohl die Medien als auch die Politik beherrscht. Mit Dekreten hatte der Ministerpräsident die Staatsanwälte an die kurze Leine genommen. Clemente Mastella, der zweite verhinderte Verteidigungsminister, übernimmt nun die Justiz. Der Christdemokrat ist als opportunistischer Wanderer zwischen den Welten bekannt. Berlusconi hat gegen Mastellas Ernennung noch nicht protestiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false