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Buchenwald

© ddp

Besuch in Buchenwald: Obama ehrt die Opfer des Holocaust

Stationen mit Symbolkraft: Kurz nach seinem Freundschaftsangebot in Kairo an die Muslime hat US-Präsident Obama einen Ort des Holocaust besucht - das ehemalige KZ Buchenwald.

Von der sächsischen Landeshauptstadt Dresden ging es für US-Präsident Barack Obama am Nachmittag in einem Helikopter nach Buchenwald bei Weimar. In dem ehemaligen Konzentrationslager starben von 1937 bis 1945 mehr als 56.000 Menschen an Hunger, Krankheiten und dem Terror der SS. Insgesamt wurden etwa 250.000 Menschen aus 36 Ländern dorthin verschleppt. Obama betrat das Lager durch das eiserne Tor mit der zynischen Inschrift "Jedem das Seine".

Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die ihn begleitete, trug er eine weiße Rose, als er das Lagertor durchschritt. Durch die Gedenkstätte führte ihn Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel, der bei der Befreiung des Lagers 1945 dort inhaftiert gewesen war. Obama wollte in dem ehemaligen Nazi-KZ ein Zeichen für Demokratie und Freiheit und gegen Diktatur und Rassismus setzen. An dem Denkmal für alle Häftlinge auf dem einstigen Appellplatz legte er Blumen nieder.

Für den Präsidenten war der einstündige Besuch auch eine Begegnung mit seiner Familiengeschichte. Der heute 84 Jahre alte Bruder seiner Großmutter gehörte im April 1945 zu den US-Soldaten, die einen Teil des Lagers befreiten. Was er gesehen habe, werde er so bald nicht vergessen, resümierte Obama im Anschluss. Ganz ohne, dass es das Protokoll vorsah, ergriff auch Elie Wiesel das Wort und sagte, an den Präsidenten gerichtet, Obama werde gebraucht, damit sich Geschehnisse wie zur NS-Zeit nicht wiederholen könnten.

Grüne Gewölbe in Dresden besucht

Als Obama in Buchenwald eintraf, lagen bereits wichtige Termine seines Deutschland-Besuchs hinter dem Präsidenten: Zusammen mit Merkel hatte er das Grüne Gewölbe in Dresden besucht, dann stellte er sich gemeinsam mit ihr den Fragen der Journalisten. Am Mittag besichtigte er die barocke Frauenkirche – das nach seiner Zerstörung Ende des Zweiten Weltkrieges vor wenigen Jahren mit Spendengeld aus aller Welt wiederaufgebaute Friedenssymbol. Nach dem Handschlag mit Sachsens Landesbischof Jochen Bohl schritten Obama, Merkel und Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ins Kircheninnere. Ein Trompeter und ein Organist begleiteten die Besichtigung unter anderem mit einem Rondo von Charpentier, bekannt auch als Europa-Fanfare. Obama und Merkel zündeten Kerzen an und sprachen ein Gebet. 

Im Gespräch mit den Journalisten verwiesen beide Regierungschefs auf eine gute Zusammenarbeit der beiden Länder, die sie nun bei der Opel-Rettung, im Atomstreit mit Iran und beim Kampf gegen die Klimaerwärmung fortführen wollen. Doch der gemeinsame Weg habe erst begonnen: Angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise liege aber noch viel Arbeit vor ihnen. "Es muss alles getan werden, um einen Aufschwung herbeizuführen", sagte Obama.

Merkel lobte darüber hinaus die in ihren Augen "bedeutende" Rede des Präsidenten an die islamische Welt, die Obama am Vortag in der Kairoer Universität gehalten hatte. Nach Jahren der Distanz zur arabischen Welt während der Bush-Regierungszeit war seine Botschaft weltweit als neues Partnerschaftsangebot an die Muslime verstanden worden.

An Freundlichkeiten fehlte es nicht: Obama nannte Dresden eine "wunderschöne Stadt", die er als "enger Freund und Partner" Deutschlands besuchen dürfe. Merkel charmierte nicht weniger: Es mache "wirklich Spaß", sich mit Obama zu treffen. Die "tiefen und analytischen Diskussionen" mit ihm führten "oft zu den gleichen Ergebnissen". Von den Vermutungen im Vorfeld des Besuchs keine Spur: Dass es in den letzten Tagen Irritationen gegeben habe wegen des mehrfach geänderten Besuchsprogramms - "no facts" - keine reale Grundlage, betonte Obama. Reine Spekulation, ergänzte Merkel. Das Verhältnis beider Staaten sei ungetrübt.

Gespräche über Nahost

Am Morgen hatte sich der US-Präsident in die Goldenen Bücher der Stadt und des Landes Sachsen eingetragen und sich dann mit Gastgeberin Merkel zu einem etwa einstündigen Gespräch zurückgezogen. Neben seinem Versöhnungsangebot an die muslimische Welt ging es dabei auch um das weitere Vorgehen in Nahost.

Im Anschluss wurde klar: Es blieb beim Austausch der weithin bekannten Positionen. Alle Parteien seien aufgerufen, sich am Nahost-Friedensprozess zu beteiligen. Um den Konflikt zu lösen, forderte Merkel wie ihr Gast eine Zwei-Staaten-Lösung, also einen eigenen Palästinenserstaat neben Israel. Mit Obama sei die "einzigartige Möglichkeit gegeben", diesen Friedensprozess neu zu beleben, sagte Merkel. Obama resümierte, er habe in den wenigen Monaten seiner Amtszeit mehr Nahost-Aktivität gezeigt als seine Vorgängerregierung insgesamt. Im arabischen Raum gebe es großes Interesse an konkreten Fortschritten auf diesem Weg, betonte Merkel. Im Umkehrschluss bedeutet das: Auch Israel muss sich bewegen, das Land, dessen konservative Regierung sich einer Zweistaatenlösung verschließt.

Der Gast war am Donnerstagabend mit der Air Force One auf dem Dresdner Flughafen eingetroffen und nach einer Begrüßung durch wenige Vertreter von Bund und Land ins Hotel "Kempinski Taschenbergpalais" gefahren. Die Polizei hatte die gesamte Dresdner Altstadt komplett zur Sicherheitszone gemacht. Für die Beamten ist der Besuch der größte Einsatz in der Geschichte der sächsischen Polizei.

Die Dresdner feierten den Gast mit einem Bürgerfest. Zu sehen bekamen sie ihn allerdings nur auf Videowänden. Sie richteten anlässlich des Besuches eine Friedensbotschaft an den US-Präsidenten. "Die Biografie unserer Stadt hat uns deutlich gemacht, dass alle Menschen dafür Verantwortung tragen - und dies bereits bevor Kriege entstehen", heißt es in einem Brief der Interessengemeinschaft 13. Februar 1945. Frieden könne nur gelingen, wenn Menschenrechte und Demokratie verteidigt werden. Die Stadt war bei Bombenangriffen der Alliierten am 13./14. Februar 1945 schwer zerstört worden. Bis zu 25.000 Menschen kamen dabei ums Leben, die Altstadt brannte weitgehend aus, darunter auch die Frauenkirche, die erst vor wenigen Jahren wieder aufgebaut und eingeweiht wurde.

Eigentliches Ziel: Normandie

Insgesamt ist Obamas Besuch nur eine Stippvisite. Sein eigentliches Ziel ist die Normandie, wo er die Feier des 65. Jahrestages der Landung amerikanischer Truppen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges besuchen will. Und auch am früheren Konzentrationslager Buchenwald hat er auch ein privates Interesse: Sein Großonkel war einer der Soldaten, die die Lagerinsassen 1945 befreiten, darunter auch Elie Wiesel. Aber auch auf die Symbolik will Obama nicht verzichten: Nach seinem Freundschaftsangebot an die Araber kann er mit dem Besuch des Holocaust-Ortes Buchenwald die Israelis an seiner Seite halten.

Zum Abschluss seines Aufenthalts wollte Obama noch ein amerikanisches Militärhospital in Landstuhl in der Pfalz besuchen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), bezeichnete den Besuch Obamas in Deutschland als ein Zeichen für stabile und gute Beziehungen beider Länder. Auch Polenz widersprach Spekulationen, wonach sich die Beziehungen von Bundeskanzlerin Merkel zur US-Regierung nach dem Amtsantritt von Obama abgekühlt hätten. (cst/tst/dpa,rtr)

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