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Politik: Offensive im Capitol

US-Kommandeur im Irak verteidigt Bush

New York - Die Parallelen sind unübersehbar. Als General David Petraeus am Montag seine Werbetour auf dem Capitol Hill begann, hatte er zwar keine so bunte Power-Point-Präsentation in der Tasche wie einst Colin Powell für den Weltsicherheitsrat, doch die Rolle der beiden Regierungsangestellten glich sich auffällig. Wie der einstige Außenminister wirft dieses Mal Petraeus seinen persönlichen Ruf als integrer Kommandeur und unabhängiger Denker in die Waagschale. Er soll im Auftrag von George W. Bush den Kongress davon überzeugen, die Offensive der amerikanischen Soldaten im Irak bis zum Frühjahr aufrechtzuerhalten. Bis Mitte Juli nächsten Jahres, sagt Petraeus vor dem US-Kongress, sei immerhin eine Reduzierung der US-Truppen um rund 30 000 Soldaten und damit auf ihre ursprüngliche Kampfstärke möglich. Aussagen zu einem weiteren Abzug der dann noch etwa 130 000 Soldaten lehnt er aber als verfrüht ab.

Bush, der in den Umfragen tief gesunken ist, hat sich mit Petraeus einen Fürsprecher besorgt, der zumindest nach außen hin unabhängig wirkt. So wie Powell im Februar 2003, als der sich vor dem Weltsicherheitsrat mit allem, was er hatte, ins Zeug legte, um die Welt davon zu überzeugen, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze. Die Amtskollegen glaubten ihm trotzdem nicht, und Bush zog praktisch allein in den Krieg.

Von den Massenvernichtungswaffen fand sich keine Spur, Powell selbst bezeichnet seinen Auftritt von damals heute als seinen politischen „Sündenfall“. Immerhin könnte man ihm zugute halten, dass die US-Geheimdienste ihm fälschlicherweise vorgaukelten, sie hätten absolut zuverlässige Informationen. Dabei stützten sie sich lediglich auf eine einzige, zweifelhafte Quelle. So wird sich Petraeus nicht herausreden können. Der Kommandeur der alliierten Truppen im Irak kennt die Lage vor Ort seit Jahren aus eigener Anschauung. Bevor er im Februar sein Kommando übernahm, war er für die Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte zuständig.

Umso erstaunlicher ist es eigentlich, dass er nach wie vor ein so hohes Ansehen unter den Politikern in Washington besitzt. Als er das Oberkommando im Irak übernahm, feierten ihn Abgeordnete und Medien unisono als Helden und Retter. Wenn einer es schaffen kann, dann Petraeus, jubelten sie. Dabei war die von ihm beaufsichtigte Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte viel langsamer vorangegangen als vom Weißen Haus versprochen. Mittlerweile ermittelt gar das FBI gegen eine von Petraeus’ engsten Mitarbeiterinnen, weil sie hunderttausende Waffen ausgab, ohne sie ordnungsgemäß zu registrieren.

Der General warnt davor, dass ein schneller Abzug der US-Truppen die Erfolge der Offensive zunichtemachen könnte. Als symbolische Geste hat er den Vorschlag im Gepäck, eine Brigade (4000 Mann) nach Hause zu bringen, schon vor Weihnachten. Dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, dem demokratischen Senator Joseph Biden, ist das nicht geheuer. Er sagt: „Ich respektiere Petraeus sehr. Und er liegt total falsch.“ Matthias B. Krause

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