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Wikileaks für alle: Openleaks: Anders enthüllen

"Openleaks" will Informanten die Herrschaft über Geheimdokumente geben. Die Arbeitsweise der neuen Initiative soll sich grundlegend von jener bei Wikileaks unterscheiden.

Die Zukunft von Wikileaks als Projekt ist derzeit noch ungewiss. Aber die Idee dahinter und das technische Konzept zu ihrer Umsetzung sollen umso größere Verbreitung finden. Zu diesem Zweck wollen einige frühere Mitstreiter von Wikileaks-Gründer Julian Assange schon in dieser Woche eine neue Organisation unter dem Namen Openleaks ins Leben rufen. Einer der Neugründer ist der Berliner Informatiker Daniel Domscheit-Berg, der bis September für Wikileaks arbeitete, dann aber im Streit mit Assange über dessen autokratischen Führungsstil ausschied.

Die Arbeitsweise der neuen Initiative soll sich denn auch grundlegend von jener bei Wikileaks unterscheiden. Das Ziel sei, möglichst allen interessierten Medien und auch Nichtregierungsorganisationen oder Gewerkschaften die Möglichkeit zu geben, geheime Dokumente von Informanten auf technisch sicherem Weg anonym zu empfangen, erklärte Domscheit-Berg gegenüber dem Tagesspiegel. Dafür wollen die Aktivisten ein Rechner-Netzwerk schaffen, bei dem die beteiligten Medien und Organisationen jeweils ihren eigenen und nur für sie selbst zugänglichen elektronischen Briefkasten erhalten. Die Möglichkeit zum Dokumentversand für potenzielle Informanten sollen sie über einen Link und das Openleaks-Symbol in ihr eigenes Online-Angebot integrieren.

Die Hinweisgeber, die „Quellen“, wie Domscheit-Berg sagt, sollen so schon bei der Übermittlung ihrer Dokumente selbst festlegen, wer diese verarbeiten soll. So würden nicht die Mitarbeiter der Organisation über Zeitpunkt und Art der Veröffentlichung der Dokumente entscheiden, sondern die Informanten und die von ihnen ausgewählten Medien. „Die Macht“ über den Umgang mit den Dokumenten, sagt Domscheit-Berg, solle nicht mehr bei einigen Aktivisten liegen, sondern bei denen, die mit dem „Leak“ ein Anliegen befördern wollen. Zugleich werde damit die Veröffentlichung auch nicht mehr wie derzeit bei Wikileaks aus Mangel an Bearbeitern verhindert. Assange hatte entschieden, Wikileaks solle alle Kraft auf die Dokumente aus der US-Regierung konzentrieren. Darum blieben tausende eingesandter Unterlagen aus anderen Quellen unbearbeitet. Um sicherzustellen, dass Dokumente nicht aus politischen Gründen oder mangels Kapazität geheim bleiben, sollen sie bei Openleaks nach Ablauf der vom Hinweisgeber vorgegebenen Frist auch allen anderen Partnermedien zur Verfügung gestellt werden.

Auch bei der Organisation wollen die derzeit zehn Mitarbeiter von Openleaks aus Deutschland, Schweden und Island „von Anfang alles richtig machen“, verspricht Domscheit-Berg. Es werde „klare Strukturen und volle Transparenz“ geben. Alles solle „so offen wie möglich laufen“, dafür stehe auch der Name Openleaks. Dazu plant die Initiative die Gründung einer Stiftung, deren Ausgaben öffentlich überprüfbar sind. Ebenso soll die technische Qualität des Netzwerks von externen Fachleuten zertifiziert werden, um Hinweisgebern volle Sicherheit garantieren zu können. Das dürfe nicht „in einer Wolke stattfinden, die niemand versteht“, erklärte Domscheit-Berg.

Die beteiligten Medien wiederum sollen sich nicht direkt mit Zahlungen beteiligen, sondern indem sie Rechnerkapazität zur Verfügung stellen. So solle das Netzwerk als „Community-Modell“ funktionieren, das die einzelnen Zeitungen oder Initiativen etwa 300 bis 500 Euro pro Monat kosten werde. Weitere Details sollen über die Webiste www.openleaks.org in den nächsten Tagen bekannt gegeben werden. Im Januar dann will die Gruppe mit fünf Zeitungen aus mehreren Ländern eine „Testphase“ starten, um Erfahrungen zu sammeln. Stehe erst einmal die Organisation, solle das Projekt anschließend allen Medien und Organisationen offenstehen, sagte Domscheit-Berg. Aber auch dann wolle man „keine Weltrekorde brechen“. Vielmehr gelte es wieder alle Aufmerksamkeit auf die veröffentlichten Dokumente und die Skandale dahinter zu lenken.

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