zum Hauptinhalt
Jung, männlich, dunkelhäutig: Die Polizeikriterien von Silvester in Köln haben die Debatte um Racial Profiling wieder befeuert.

© Oliver Berg/dpa

Update

Kölner Silvester im Bundestag: Opposition will Informationen von der Bundespolizei

Letzte Woche hatte Kölns Polizei eingestanden, dass die Massen nordafrikanischer Männer, die an Silvester nach Köln kamen, so groß nicht waren. Jetzt beschäftigte sich der Bundestag mit dem Einsatz.

Wenige Tage, nachdem Kölns Polizeipräsident die Zahlen des Silvestereinsatzes seiner Beamten drastisch korrigiert hat, war der am Mittwoch Thema im Innenausschuss des Bundestags: Die Grünen-Fraktion hatte dazu einen Bericht der Bundesregierung verlangt.

Aus 2000 wurden ein paar hundert

Den lieferte Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) – und die Oppositionsfraktionen waren nicht amüsiert: Schon wieder sei undifferenziert von gefährlichen „Nordafrikanern“ und „arabischstämmigen“ Männern die Rede gewesen, hieß es von den Grünen. Nach den Richtigstellungen habe man sich da „weniger Pauschalisierung“ erwartet.

Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies hatte letzte Woche eingestanden, dass am 31. Dezember deutlich weniger Nordafrikaner in die Stadt gekommen waren, als ursprünglich behauptet: Zunächst war von bis zu 2000 nordafrikanischen Männern die Rede gewesen, die in großen Gruppen angereist seien und sich aggressiv verhalten hätten. Knapp vierzehn Tage später korrigierte Mathies dann: Überprüft wurden 674 Männer. Von den 425, deren Nationalität bis vergangenen Freitag feststand, waren 99 Iraker, 94 Syrer, 48 Afghanen und 46 Deutsche. Aus Nordafrika stammten nur 30 – 17 aus Marokko, 13 aus Algerien.

Wie viele von ihnen tatsächlich Straftaten vorhatten und wer lediglich kam, um zu feiern, ist damit noch nicht geklärt. An Silvester des vorigen Jahres hatten massenhafte sexuelle Angriffe auf Frauen auf der Kölner Domplatte und dem Bahnhofsvorplatz Schlagzeilen gemacht. Als Täter wurden nordafrikanisch aussehende Männer benannt. Dem wollte die Polizei diesmal durch massive Präsenz entgegenwirken.

"Polizeipräsident schürte die Hysterie der Rechten"

Dies hält die Innenpolitikerin der Linken, Ulla Jelpke, auch für grundsätzlich gerechtfertigt: „Natürlich musste man aus Köln 2015 lernen. Eine Wiederholung dieser Angriffe musste verhindert werden.“ Es stelle sich aber die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Vorgehens – und nach dem gezielten Einsatz gegen Menschen mit dunkler Haut. Auch die Informationspolitik der nordrhein- westfälischen und der Kölner Polizei kritisiert Jelpke: „Polizeipräsident Mathies hat damit die mediale Hysterie, vor allem in rechten Netzwerken, selbst angeheizt“, sagte sie dem Tagesspiegel. Es habe eine „unglaubliche Kampagne“ gegeben, auf der Grundlage von Daten, von denen „jetzt die Prüfungen vor Ort ergeben, dass sie alle gar nicht stimmten“.

Die Grünen-Chefin Simone Peter war scharf angegriffen und von der eigenen Partei kaum in Schutz genommen worden, als sie kurz nach Silvester nach der Rechtmäßigkeit des gezielten Vorgehens gegen dunkelhäutige Männer fragte. Seither ist die Debatte um "Racial Profiling", also gezielte Behördenkontrollen, die Vertreter sichtbarer Minderheiten in den Blick nehmen, wieder aufgeflammt. Bundespolizisten mussten wegen entsprechender Kontrollen in den letzten Jahren mehrfach vor Gericht.

Grüne und Linke fordern jetzt einen Bericht der Bundespolizei. Deren Vertreter waren während der Kölndebatte im Ausschuss nicht vertreten. Bundespolizeipräsident Dieter Romann erschien erst, als das Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz als Thema aufgerufen wurde. Es sei „ein Armutszeugnis, dass die Bundespolizei nicht selbst Auswertungen gemacht hat“, sagt Jelpke.

Auch CDU-Innenpolitiker sieht noch Aufklärungsbedarf

Weitere Informationen wünscht sich auch der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster - wenn auch aus anderen Gründen. Der ehemalige leitende Bundespolizist verweist auf die Lageerkenntnisse der Bundespolizei vom Silvestertag, die größere Gruppen arabisch-nordafrikanischer Männer, "alle aggressiv, alle auf dem Weg nach Köln" an ihre nordrhein-westfälischen Kolleginnen und Kollegen meldeten. "Das sind Szenarien, die Sie nur vor angemeldeten Veranstaltungen und Demonstrationen haben. Es gab aber keine Anmeldung. "Aufklärungsbedarf", so Schuster, gebe es ihn für ihn in einem Punkt: "Was wollten die alle in Köln, wie wurde das organisiert?" An Zufall will er nicht glauben, Schuster bleibt bei seiner Auffassung: "Das war eine Machtprobe."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false