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Pakistan: Ausnahmezustand abgesagt

Pakistans Präsident Musharraf zwischen den Fronten – Washington und die radikalen Islamisten machen Druck.

In den Medien überschlugen sich schon die Gerüchte, aber Pakistans Präsident Pervez Musharraf machte einen Rückzieher: „Der Präsident hat entschieden, den Ausnahmezustand im Land nicht zu verhängen“, sagte Informationsminister Mohammed Ali Durrani am Donnerstag. „Es gibt Herausforderungen wie Terrorismus, aber der Präsident hat eine demokratische Denkweise und ist standhaft in seiner Entscheidung, die Wahlen pünktlich abzuhalten.“

Nicht nur Pakistans Oppositionsparteien, auch die USA werden wohl aufgeatmet haben. Die Verhängung des Ausnahmezustandes in Pakistan hätte Washington in eine peinliche Lage gebracht. Immerhin drängen die USA ihren Schlüsselverbündeten im Antiterrorkampf, auf den Pfad der Demokratie zurückzukehren und Ende 2007 faire Wahlen abzuhalten. Alarmiert rief US-Außenministerin Condoleezza Rice angeblich noch in der Nacht zum Donnerstag den Militärmachthaber an, um die Lage zu besprechen.

Dennoch bleibt Musharrafs Eiertanz verwunderlich. Bereits am Mittwochabend hatte er durchsickern lassen, dass man den Ausnahmezustand erwäge – was er noch vor gut drei Wochen weit von sich gewiesen hatte. Eine mögliche Erklärung wäre, dass der 63-Jährige ein Zeichen setzen wollte – im eigenen Land und mehr noch in Richtung USA: Dass er nicht Prügelknabe und blinder Vasall Washingtons ist. Dass er auch Wege gehen könnte, die den Amerikanern kaum gefallen dürften. Die jüngsten Gedankenspiele Washingtons über Militärschläge in Pakistan haben Musharraf brüskiert und öffentlich gedemütigt. Und auch die wachsende Kritik an seinem angeblich zu weichen Kurs gegen Taliban und islamische Extremisten ärgert ihn – zumal er wegen seines Bündnisses mit den USA ohnehin unter Dauerbeschuss radikaler Islamisten steht.

Nach Musharrafs Rückzieher und seinem erneuten Bekenntnis zur Demokratie dürften sich die Wogen zwar wieder glätten. Aber es bleibt der Eindruck, dass die Risse zwischen Washington und Islamabad wachsen. Die Konflikte rühren nicht zuletzt daher, dass Musharraf im eigenen Land um sein politisches Überleben kämpft – und um seine Macht zu sichern weniger Demokratie zulassen will, als die USA es wünschen, .

Musharraf, der sich 1999 unblutig an die Macht putschte, ist in Personalunion Militärchef und Präsident. Allerdings läuft seine Amtszeit als Präsident im Herbst aus, er muss sich der Wiederwahl im Parlament stellen. Zugleich stehen Neuwahlen des Parlaments an. Trotz massiver Proteste der Opposition und trotz Mahnungen der USA will sich der General die Macht offenbar mit fragwürdigen Schachzügen sichern: So will er sich noch vom bestehenden Parlament als Präsident bestätigen lassen, weil er dort eine Mehrheit hinter sich weiß. Zudem will er auch seine Uniform partout nicht an den Nagel hängen.

Auch ein von den USA inspirierter Wahldeal mit der im Exil lebenden Ex-Premierministerin Benazir Bhutto hakt an dieser Frage. Entgegen dem Wunsch der USA erklärte der General nun zudem, dass weder Bhutto noch der frühere Premierminister Nawaz Sharif vor den Wahlen aus dem Exil nach Pakistan zurückkehren dürften.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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