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Piraterie: Reederei verteidigt Lösegeld-Poker

Die somalischen Piraten geben die "Hansa Stavanger" wieder frei. Sie ist nun auf dem Weg nach Kenia. Die Gespräche mit den Piraten über die Lösegeldsumme seien zäh verlaufen, sagt der Eigentümer des Schiffs. Aber er habe sich stets um die sichere Befreiung der Seeleute bemüht. Zuvor ist eine Lösegeld-Summe in Millionenhöhe geflossen.

Nach der Freigabe des deutschen Containerschiffs „Hansa Stavanger“ hat die Hamburger Reederei Leonhardt und Blumberg die monatelangen Lösegeldverhandlungen mit den Piraten gerechtfertigt. Einem solchen Gegner müsse mit besonnenem Handeln begegnet werden, sagte Geschäftsführer Frank Leonhardt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte erleichtert auf die Freigabe des Schiffes, das spätestens am Freitag im kenianischen Hafen Mombasa erwartet wird.

Bei den Piraten handele es sich um „skrupellose Kriminelle“ und unzuverlässige Gesprächspartner, sagte Leonhardt zu den seit April geführten Verhandlungen. „Viele Aussagen der Gegenseite waren wenige Stunden später schon nichts mehr wert.“ Das habe viel wertvolle Zeit gekostet. Seine Verantwortung aber sei in erster Linie die sichere Befreiung der Seeleute gewesen. Zu Einzelheiten der Freilassung oder zur Höhe des Lösegelds äußerte er sich nicht.

Angesichts der vier Monate, die Schiff und Crew von den somalischen Seeräubern festgehalten worden waren, sprach Leonhardt von einer „schier unerträglich langen Zeit“ für die Besatzungsmitglieder und deren Angehörige. „Keiner von uns vermag sich vorzustellen, welche unzumutbare seelische Belastung das gewesen ist.“ Telefongesprächen mit dem deutschen Kapitän sowie mit weiteren Besatzungsmitgliedern zufolge gehe es allen Seeleuten „den Umständen entsprechend gut“. Dies habe auch ein Marinearzt an Bord inzwischen bestätigt.

Außenminister Steinmeier sagte am Rande seiner Sommerreise in Herten: „Ich bin froh und erleichtert, dass die Besatzungsmitglieder der ,Hansa Stavanger‘ jetzt endlich frei sind.“ Er hoffe, dass sich die Seeleute schnellstmöglich erholen. An Bord der „Hansa Stavanger“ fanden Bundeswehrsoldaten nach Angaben des Verteidigungsministeriums „größere Mengen Patronenhülsen und Blindgänger“. Feldjäger sollten Spuren für eine mögliche Strafverfolgung sichern.

Der Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin forderte die Bundesregierung auf, die Hintermänner des Verbrechens zur Rechenschaft zu ziehen. Um weitere Entführungen zu verhindern, müsse der Einsatz der verschiedenen Marineeinheiten am Horn von Afrika effektiver gestaltet werden, sagte Trittin in Berlin.

Das unter deutscher Flagge fahrende Containerschiff war am 4. April zwischen Kenia und den Seychellen rund 400 Seemeilen vom Festland entfernt unterwegs gewesen, als die Piraten es kaperten. Nach der Übergabe des Lösegelds – nach Angaben aus Sicherheitskreisen 2,75 Millionen Dollar (mehr als 1,9 Millionen Euro) – waren Schiff und Besatzung am Montag freigekommen. In Mombasa sollten Mitarbeiter der Reederei die 24-köpfige Besatzung in Empfang nehmen. Neben dem deutschen Kapitän, zwei Offizieren und zwei 19-jährigen Auszubildenden gehörten drei Russen, zwei Ukrainer, zwei Philippiner und zwölf Seeleute vom pazifischen Inselstaat Tuvalu dazu.

Auf Tuvalu löste die Befreiung Jubel aus, berichtete der Südostasienkorrespondent der ARD. Rund 40 Prozent der tuvaluischen Männer arbeiten als Seeleute, viele davon auf deutschen Schiffen. Auf den Inseln leben nur 12 000 Menschen. Rund ein Viertel der Deviseneinnahmen Tuvalus werden von den Seeleuten an ihre Familien überwiesen. 2006 waren das nach Informationen des britischen Senders BBC rund vier Millionen Dollar. Die erste Lösegeldforderung der Piraten über 15 Millionen Dollar höher als das Bruttoinlandsprodukt Tuvalus. AFP/deh

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