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Politik: Plädoyer für eine globale Einwanderungsstrategie

Die Politik hat das Thema vernachlässigt oder emotionalisiert, sagen ExpertenClaudia von Salzen Über die Einführung von Greencards wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Doch in der hitzigen Debatte um die Anwerbung ausländischer Computer-Fachleute sucht nur selten jemand den Vergleich mit anderen Einwanderungsländern - den USA zum Beispiel, die den Begriff "Greencard" geprägt haben.

Die Politik hat das Thema vernachlässigt oder emotionalisiert, sagen ExpertenClaudia von Salzen

Über die Einführung von Greencards wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Doch in der hitzigen Debatte um die Anwerbung ausländischer Computer-Fachleute sucht nur selten jemand den Vergleich mit anderen Einwanderungsländern - den USA zum Beispiel, die den Begriff "Greencard" geprägt haben. Den Blick über den nationalen Tellerrand hat in den vergangenen zwei Jahren eine internationale Expertengruppe gewagt, die Transatlantische Lerngemeinschaft, die von der Bertelsmann-Stiftung und dem German Marshall Fund getragen wird. Die Wissenschaftler fordern in ihrem am Montag vorgestellten Bericht eine größere Harmonisierung der Einwanderungspolitik in Europa und Nordamerika. Die Politiker hätten dem Thema zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl der Immigration große Bedeutung zukomme. Andererseits verlaufe die Einwanderungsdebatte oft zu emotional.

In ihren Empfehlungen geht die Expertengruppe davon aus, dass Migration angesichts globaler ökonomischer und demographischer Entwicklungen weiter ansteigen werde: "Staaten, die trotz gegenteiliger Beweise darauf beharren, dass sie keine Einwanderungsländer seien, werden unweigerlich daran scheitern, eine sinnvolle Regelung zu finden." Regierungen sollten klar definieren, wer in ihr Hoheitsgebiet einwandern dürfe. Einzelne Länder könnten das Einwanderungsproblem nicht mehr nur mit nationalen politischen Strategien bewältigen. "Angesichts der Komplexität des Problems ist die Kooperation mit anderen Ländern wichtig - auch mit den Auswanderungsländern", sagte die Wissenschaftlerin Susan Martin, die vor drei Jahren die Kommission für Einwanderungsreform in den USA geleitet hat.

Die Experten rufen dazu auf, an den Prinzipien der Genfer Flüchtlingskonvention festzuhalten. "Zögen sich die europäischen und nordamerikanischen Staaten aus der Konvention von 1951 zurück, so wäre dies eine sehr gefährliche Entwicklung". Asylentscheidungen sollten von kompetenten Behörden getroffen werden, und die Asylverfahren müssten früher eingeleitet und effizienter gestaltet werden.

Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um die Einwanderung von Computerexperten sagte Patrick Weil, Berater der französischen Regierung, Europa müsse hochqualifizierten Fachkräften die Türen öffnen. Durch die Rückkehr in ihre Heimatländer könnten sie später dort zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Für hochqualifizierte Fachleute müsse in den Einwanderungsländern die Option einer permanenten Aufenthaltserlaubnis bestehen, forderten die Experten. Weil sprach sich aber gegen ein Quotensystem und für eine Einzelfallregelung aus. Frankreich erlaube seit 1998 die Einwanderung von Informatikern, wenn sich der betreffende Arbeitgeber für sie einsetzt.

Ein vorbildliches Modell der Einwanderungspolitik haben die Experten weder in Europa noch in Nordamerika entdeckt: Überall müsse die Immigrationspolitik reformiert werden, betonte Weil. Der internationale Vergleich fördert auch kuriose Ergebnisse zutage: "Was in der deutschen Diskussion als Greencard bezeichnet wird, ist etwas ganz anderes als das amerikanische Modell", erläuterte ein Experte. So erlaube die amerikanische Greencard, in allen Berufen zu arbeiten, und nach fünf Jahren könne der Einwanderer die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragen. Dazu sagt die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John: "Immigration wird dort nicht als Verlust gesehen, sondern als Gewinn."

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