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Jetzt wird es ernst. Pietro Parolin, Kardinalstaatssekretär, ist die politisch rechte Hand des Papstes. Der Papst hat ihn nach Deutschland geschickt.

© dpa

Political Animal: Der Papst will es wissen

Thema Missbrauch in der Katholischen Kirche: Der nächste Emissär ist in Deutschland. Und es gibt ein Gutachten, in dem Ratzinger vorkommt. Eine Analyse.

Der Vatikan schickt einen hochrangigen Emissär nach Deutschland, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die politische rechte Hand des Papstes. Er kommt zur Nachfeier des 100. Jubiläums der deutsch-vatikanischen Beziehungen nach Berlin.

Das eigentliche Datum war 2020, aber die Corona-Pandemie verhinderte einen Besuch. Parolins Visite fällt in eine für seine Kirche sehr heikle Zeit.

Der Ministerpräsident des Vatikan wird von Amts wegen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen. Im Gespräch der beiden Protestanten mit dem 66jährigen Parolin wird aber das große, beide Kirchen erschütternde Thema Missbrauch nicht ausgespart werden.

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Der katholischen Kirche laufen gerade die Gläubigen in Scharen weg; die evangelische, nicht minder betroffen, segelt da einstweilen noch im Windschatten.

Parolin wird von der Staatsspitze deren Einschätzung hören wollen – und von den Vertretern der Bischofskonferenz, angeführt vom Limburger Bischof Georg Bätzing. Der wurde wiederum kürzlich in Rom und von Papst Franziskus empfangen.

"Rom des Nordens"

Außer ihm reiste auch der Münsteraner Bischof Felix Genn in den Vatikan, was zu allerlei Mutmaßungen Anlass bietet. Denn Genn wie Bätzing sind mit dem Fall Woelki befasst, der für die Katholiken weltweit von größter Bedeutung ist.

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Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln, dem „Rom des Nordens“, hat wegen seines Umgangs mit dem Treiben der „Brüder im Nebel“ – im Nebel des Missbrauchs – nicht nur das Vertrauen der Menschen im Bistum verloren. Der Papst hat als Zeichen wachsenden Misstrauens zwei Visitatoren, zwei Kontrolleure, entsandt, die sich in Köln umschauen sollten.

Überlegungen, dass nun Bischof Genn statt Woelki Administrator in Köln werden könne, wird in Kurie wie Bischofskonferenz widersprochen. Er ist schon über 70 und will neben dem Fall Woelki weiter in seinem eigenen Umfeld aufklären.

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Auch nicht wahrscheinlich scheint die „chilenische Lösung“: Die gesamte Bischofskonferenz bietet ihren Rücktritt an, aber nur der Einzelner wird angenommen, die lange Verantwortung trugen. In Deutschland ist der Generationenwechsel schon fortgeschritten.

Dazu passt, dass ein Gutachten zum Missbrauch auch im Erzbistum München zurückgehalten wird. Es sollte eigentlich am 10. Juni veröffentlicht werden, ist es aber bis heute nicht. Parolin wird dazu einiges aus erster Hand von Kardinal Reinhard Marx erfahren, dessen Rücktritt der Papst unlängst erst abgelehnt hat.

Das Münchner Gutachten ist deswegen brisant, weil es sich nicht zuletzt mit Marx‘ Vorgängern befasst, darunter Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.

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