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Powell und Obama: Der Generationenpakt

Amerika braucht einen wirklichen Wechsel – sagt der Republikaner Powell und unterstützt den Demokraten Obama. Eine Analyse von Fabian Leber.

Für Barack Obama war es bisher der wohl schwächste Punkt seiner Wahlkampagne: Er selbst hat nicht im Militär gedient, und er kann bisher auch kaum Erfahrungen in der Außen- und Sicherheitspolitik vorweisen – ganz im Gegensatz zu John McCain. In Umfragen, wem sie in internationalen Angelegenheiten eher vertrauen würden, stimmten die Amerikaner bisher stets mit 60 bis 70 Prozent für McCain. Diesen Rückstand könnte Barack Obama nun mit der Unterstützung von Colin Powell verringern. Powell war zwar als ehemaliger republikanischer Außenminister unter George W. Bush mitverantwortlich für den Einmarsch in den Irak. Doch der hoch dekorierte Vier-Sterne-General wird in den USA über Parteigrenzen hinweg geschätzt, weil er gleichzeitig immer wieder Zweifel an der Kriegsführung im Irak geäußert hat. Bevor er Außenminister wurde, diente Powell 35 Jahre lang im US-Militär. Er war unter anderem Sicherheitsberater von Ronald Reagan und während des ersten Irak-Kriegs Anfang der 90er Jahre Chef des Generalstabs.

Sowohl die Teams von Obama als auch von McCain hatten monatelang versucht, Powell zu einer öffentlichen Erklärung für einen der beiden Kandidaten zu bewegen. Schon im Juni hatte sich Powell mit jedem der beiden Bewerber getroffen. Am Schluss scheint ihm seine Entscheidung nicht schwer gefallen zu sein – obwohl er von sich selbst sagt, er sei seit mehr als 20 Jahren persönlich mit McCain befreundet. In der Fernsehsendung „Meet the press“ sagte Powell am Sonntagmorgen: „Ich habe John angerufen und ihm gesagt: Ich schätze dich, aber das kann nicht der einzige Grund sein, um für dich zu stimmen.“ Gleichzeitig sagte Powell über Obama, dieser habe das Zeug, zu einem „Ausnahmepräsidenten“ zu werden – „weil er einen alle Seiten ansprechenden Wahlkampf führt und weil er persönlich sowohl Substanz als auch Stil hat“. Mit Obama könne auch der notwendige Generationswechsel gelingen, meinte der 71-Jährige. „Wir brauchen einen Präsidenten, der nicht nur weitermacht wie bisher.“

Powell sagte, das eigentliche Problem sei nicht McCain, sondern die Republikanische Partei. Sie sei weiter nach rechts gerückt, als er sich das jemals gewünscht habe. Powell kritisierte auch direkt die Entscheidung McCains für seine Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin. Ihre Nominierung habe ihn an McCains Entscheidungsfähigkeit zweifeln lassen. Denn Palin sei nicht reif genug, um vielleicht einmal das Amt des Präsidenten antreten zu können.

Die Entscheidung Powells macht kurz vor der Wahl am 4. November noch einmal deutlich, wie tief der Riss in der Republikanischen Partei ist, was die Bewertung des Kriegs im Irak betrifft. Über Powell heißt es, er sei in den vergangenen Wochen überrascht darüber gewesen, dass sich McCain im Verlauf seiner Wahlkampagne zunehmend mit außenpolitischen Experten umgeben habe, die den Neokonservativen zuzurechnen sind. McCain kommentierte Powells Entscheidung am Sonntag lediglich mit dem Hinweis, er habe die Unterstützung der früheren Außenminister Henry Kissinger und James Baker und die von mehr als 200 pensionierten Generälen. Pikant ist allerdings, dass McCain während seiner ersten – damals erfolglosen – Präsidentschaftskampagne im Jahr 2000 versprochen hatte, Colin Powell zu seinem Außenminister zu machen.

Powell schloss am Sonntag nicht aus, dass er ein Amt in einer Regierung unter der Führung Obamas übernehmen könnte. Dies strebe er zwar nicht an, er habe aber immer gesagt: „Wenn man von einem Präsidenten gerufen wird, muss man darüber nachdenken.“

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