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Chatami

© dpa

Präsidentschaftswahl: Machtkampf in Iran: Chatami macht Rückzieher

Monatelang hatte er gezaudert, Anfang Februar erklärte er sich schließlich offiziell bereit, am 12. Juni gegen Präsident Mahmud Ahmadineschad anzutreten. Fünf Wochen später nun wirft Mohammed Chatami offenbar das Handtuch - kein gutes Zeichen für die Zustände im Lager der gemäßigten Reformer.

Er habe keine Sorge, was das Wahlergebnis angehe, wenn er die Signale sehe, die er aus dem Volk bekomme, hatte Chatami im Vorfeld seine politischen Anhänger wissen lassen. Allerdings wolle er nicht "um jeden Preis" an die Macht zurückkehren - eine Botschaft, die sich in erster Linie an die eigenen Reihen richtete. Nur wenn sich alle Reformparteien auf seine Kandidatur einigen könnten, wolle er Ahmadineschad herausfordern. Bei anderen Gelegenheiten wurde er noch deutlicher: Entweder er oder Mir Hossein Mussavi sollten das Präsidentenamt anstreben, nicht jedoch beide. Mussavi jedoch schwieg und blieb in der Deckung. Kaum allerdings hatte Chatamis seine Kandidatur erklärt, warf auch der Ex-Ministerpräsident seinen Hut in den Ring. Und der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi hält ebenfalls an seiner Bewerbung fest.

Damit aber ist der Fall eingetreten, den Chatami auf jeden Fall verhindern wollte. Aus dem Lager der Reformer konkurrieren drei Kandidaten mit relativ ähnlicher politischer Couleur, die sich gegenseitig die Stimmen wegnehmen - lachender Vierter könnte Amtsinhaber Ahmadinedschad sein. Chatami hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seinen früheren Berater Mussavi für den besseren Bewerber hält, weil dieser auch Stimmen aus dem konservativen Lager anziehen kann. Mussavi ist ein erfahrener Politiker und nach wie vor populär. Für die Politik Ahmadinedschads hat er nur beißende Kommentare übrig. Von 1981 bis 1989 war er Regierungschef, in seine Amtszeit fiel der achtjährige Krieg gegen Saddam Hussein.

Schmutzkampagne gegen Chatami

Andere Motive dürften für Chatamis Rückzug hinzukommen - seit Wochen läuft gegen ihn im Land eine beispiellose Schmutzkampagne. Webseiten seiner Anhänger werden gestört. Die von Ahmadinedschad kontrollierte islamische Nachrichtenagentur beschuldigte den Ex-Präsidenten, er stehe im Mittelpunkt einer internationalen Verschwörung. Diese wolle die Revolution des Staatsgründers Chomeini beenden und aus der Islamischen Republik einen säkularisierten Staat machen. Ein Journalist, der als Sprachrohr von Ajatollah Chamenei gilt, verfasste ein Hetzbuch mit dem Titel "Ritter der Kultur-Nato". Es ist mit zahlreichen Fotografien und Fotokopien vertraulicher Dokumente gespickt, die angeblich "geheime Pläne enthüllen, die Islamische Republik durch sanfte Unterwanderung zu stürzen". Menschenrechtler, Intellektuelle, oppositionelle Politiker und Anwälte werden beschuldigt, als Werkzeuge westlicher Geheimdienste zu arbeiten. Das Pamphlet wird inzwischen in der 10. Auflage gedruckt. Zehntausende Exemplare hat die Regierung gekauft, um sie gratis an Revolutionsgarden und Staatsbedienstete zu verteilen.

Mehr noch: Auf den Feiern zum 30. Jahrestag der Islamischen Revolution in Teheran ging ein Schlägertrupp mit den Rufen "Tod für Chatami" auf den Ex-Präsidenten los. Seine Leibwächter mussten ihn in einem nahe liegenden Gebäude in Sicherheit bringen. Als er wenig später in der südiranischen Stadt Shiraz bei einem seiner ersten Wahlkampfauftritte in der historischen Grabmoschee Schah-e-Tscheragh sprechen wollte, ließ ihm der Gouverneur ausrichten, er könne nicht für seine Sicherheit garantieren. Einen Auftritt Chatamis werde er auch deshalb nicht erlauben, weil dies zu Verkehrsproblemen in der Stadt führe. Daraufhin wurde die Wahlveranstaltung in ein Sportstadion verlegt.

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