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Pro&Contra: Gentechnik auf dem Vormarsch

In insgesamt 29 Ländern der Erde werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Die größten Anteile entfallen nach Erkenntnissen der Agro-Biotechnologie-Agentur ISAAA (International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications) auf die USA (69 Millionen Hektar), Brasilien (30,3), Argentinien (23,7), Indien (10,6) und Kanada (10,4).

In insgesamt 29 Ländern der Erde werden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Die größten Anteile entfallen nach Erkenntnissen der Agro-Biotechnologie-Agentur ISAAA (International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications) auf die USA (69 Millionen Hektar), Brasilien (30,3), Argentinien (23,7), Indien (10,6) und Kanada (10,4). Auch in China, Paraguay, Pakistan, Südafrika und Uruguay wurden gentechnisch veränderte Pflanzen auf mehr als einer Million Hektar angebaut. Für 2011 registrierte die ISAAA einen deutlichen Anstieg des Anbaus dieser Pflanzen. So hätten sich die Flächen gegenüber 2010 um acht Prozent auf nunmehr 160 Millionen Hektar vergrößert. 16,9 Millionen Landwirte weltweit nutzen solche Sorten.

Die größten Flächensteigerungen mit fünf Millionen Hektar (20 Prozent Zuwachs) habe es in Brasilien gegeben, wie überhaupt der Anstieg in den Entwicklungs- und Schwellenländern etwa doppelt so groß war wie in den Industrieländern. In Europa dagegen geht man mit der Gentechnik weitaus zurückhaltender um. Nur in Spanien und Portugal spielen gentechnisch veränderte Pflanzen eine nennenswerte Rolle in der Landwirtschaft. Die kommerzielle Nutzung konzentriert sich vor allem auf Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps.

Pro Gentechnik: Nützlich, nötig und natürlich

Genetisch veränderte Zellen werden Menschen gespritzt, um Krankheiten zu bekämpfen und genetisch veränderte Bakterien produzieren Insulin, Vitamine und Inhaltsstoffe für Joghurt oder Waschmittel. Milliarden Menschen essen seit vielen Jahren genetisch veränderte Pflanzen. Die Lebensmittel haben strikte Sicherheitstests durchlaufen. Kein einziger Fall ist bekannt, bei dem ein Mensch durch ihren Verzehr gestorben ist. Dagegen sind im vergangenen Jahr 53 Menschen gestorben, die Sprossen von einem Biohof gegessen haben. Man stelle sich einmal vor, das wären genveränderte Sprossen gewesen.

Anderer Argumente beraubt, verweisen Gentechnikgegner nun gerne auf den „bösen Monopolisten“ Monsanto. Als müssten Menschen auf das Internet verzichten, weil ihnen Googles Unternehmenskultur missfällt. Und sie vergessen, dass erst durch ihre Einflussnahme die Regeln so streng, die Zulassung so teuer geworden ist, dass sich nur noch Konzerne wie BASF und Monsanto leisten können, solche Pflanzen auf den Markt zu bringen.

Was aus den Versprechen der „Agrogentechnik“ geworden sei, fragen Gegner scheinheilig. Dabei haben viele Forscher längst kapituliert vor zertrampelten Feldern, Protestmärschen und Hassbriefen. Das ist eine Tragödie, denn sieben Milliarden Menschen lassen sich nicht durch Ökolandbau ernähren. Das kann man schade finden, ändern kann man es nicht.

Die Anti-Gentechnik-Bewegung hat sich einer irrationalen Ideologie verschrieben. In ihrem Wahn, nur reinrassigen Raps im Öl oder Mais auf dem Teller zu haben, opfern sie die Hungernden dieser Welt auf dem Altar einer eingebildeten „Natürlichkeit“, die es nie gegeben hat. Die Wissenschaftler versündigen sich nicht an der Natur, die Anti-Gentechnik- Lobby versündigt sich am Menschen. (Kai Kupferschmidt)

Contra Gentechnik: Gegen Hunger helfen keine Technologien

Bisher werden überwiegend Pflanzen angebaut, die gegen Unkrautvernichtungsmittel oder Insektenfraß unempfindlich gemacht worden sind und zwar vor allem in den USA, Brasilien, Argentinien und China. Wer glaubt, das Hungerproblem mit einer Technologie lösen zu können, ist auf dem Holzweg. Die armen Bauern in Afrika oder Indien brauchen keine gentechnisch veränderten – noch lange nicht erhältlichen – Pflanzen, die gegen die Versalzung des Bodens oder Trockenheit resistent gemacht worden sind. Sie brauchen Zugang zu Land, um überhaupt etwas anbauen zu können. Oder sie brauchen Geld.

In den meisten Fällen hungern Menschen nicht, weil es zu wenig zu essen gibt, sondern weil sie zu arm sind, um es sich zu kaufen. Mit einer ökologischen Landwirtschaft, die den Boden erhält, statt ihn der Erosion preiszugeben, und einer Politik, die Bauern Zugang zu Land verschafft, wäre den Hungernden mehr geholfen als mit leeren Versprechen reicher Agrokonzerne. Sie werden auch in Zukunft Produkte für zahlungskräftige Bauern entwickeln. Denn wer sonst sollte für das Saatgut zahlen? Was die Gentech-Propagandisten zudem übersehen, sind die Fortschritte der konventionellen Pflanzenzüchtung. Trockenresistentes Saatgut aus konventioneller Züchtung gibt es bereits zu kaufen. Monsanto und Co haben noch kein einziges derartiges Produkt auch nur in Marktnähe gebracht.

Und selbst ein Produkt wie der vielgerühmte goldene Reis, der dazu dienen soll, arme Kinder mit Vitamin A zu versorgen, ist ziemlich überflüssig. Denn nach jahrelanger Entwicklungsarbeit – mit Hilfe von öffentlichen Mitteln und Stiftungsgeld beispielsweise von der Gates-Stiftung – ist den beteiligten Forschern nun aufgefallen, dass die Bauern ihren gelben Reis womöglich gar nicht essen wollen. Wer Hungernden helfen will, sollte vielleicht vorher mal mit ihnen darüber reden, was sie brauchen.(Dagmar Dehmer)

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