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Putins Russland: Die Pflicht erfüllt

Nach der Kritik des Westens an der prügelnden Staatsmacht ist man sich im Kreml keiner Schuld bewusst. Bei den Protestlern habe es sich schließlich um "Ultraradikale" gehandelt. Der frühere Schachweltmeister Kasparow erhielt unterdessen eine Vorladung beim Geheimdienst FSB.

Moskau/Berlin - Nach den gewaltsam aufgelösten Kundgebungen der russischen Opposition hat der Kreml das Vorgehen der Sicherheitskräfte gerechtfertigt. "Die Polizei hat ihre Pflicht erfüllt", sagte der stellvertretende Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow. Die Beamten hätten lediglich "Provokationen von Ultraradikalen" abgewehrt. Bei den Protesten unter Führung von Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow hatte die Polizei nach Augenzeugenberichten in Moskau und St. Petersburg am Wochenende mit Schlagstöcken auf friedliche Demonstranten eingeprügelt. Das Vorgehen wurde international kritisiert. Es gebe Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes, hieß es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Die EU zeigte sich am Montagabend zugleich besorgt über "die Festnahme von und Übergriffe auf akkreditierte Journalisten am Rande der Demonstrationen". Die Russische Föderation habe sich als Mitglied der Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Europarats verpflichtet, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu achten, hieß es. Der Achtung dieser Prinzipien komme im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in Russland eine besondere Bedeutung zu. Die US-Regierung bezeichnete die Auflösung der Proteste als nicht akzeptabel und forderte die russische Regierung auf, internationale Standards wie die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit zu respektieren.

"Wir haben kein Glück mit der Opposition"

Man werde die Erfahrungen vom Wochenende aufmerksam studieren, sagte Peskow. "Ich hoffe, dass auch weiterhin geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um gegen Radikale vorzugehen und Provokationen zu unterbinden", sagte der Kremlsprecher. "Wir haben kein Glück mit der Opposition." Diese sei von radikalen Elementen durchsetzt, fügte Peskow hinzu.

Kasparow, der am Samstag gleich zu Beginn der Kundgebung festgenommen worden war, erhielt unterdessen eine Vorladung des Inlandsgeheimdienstes FSB. Dieser wolle prüfen, ob ein Interview Kasparows mit dem Moskauer Radiosender "Echo Moskwy" einen Aufruf zu extremistischen Handlungen darstelle, teilte der Pressedienst des Ex-Schwachweltmeisters mit.

Gorbatschow auf Seiten Putins

Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow kritisierte die so genannten Märsche der Dissidenten. Solche "wilden Prozesse" seien unvereinbar mit der parlamentarischen Demokratie, sagte Gorbatschow. Die Opposition müsse über das Parlament wirken. Gleichzeitig äußerte er Unverständnis über die "erschrockene" Reaktion der Behörden auf die Proteste.

In Moskau und St. Petersburg hatten am Wochenende insgesamt einige tausend Menschen gegen eine ihrer Ansicht nach zunehmend autoritäre Politik von Präsident Putin demonstriert. 350 Protestler wurden nach offiziellen Angaben vorübergehend festgenommen, darunter Kasparow. Hundertschaften der Sonderpolizei Omon prügelten mit Schlagstöcken auch auf Kinder und alte Menschen ein, wie Augenzeugen berichteten. Regierungskritiker sprachen von einer "schwer paranoiden" Reaktion des Kreml vor den Parlaments- und Präsidentenwahlen im kommenden Winter.

Nach Angaben der Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, unterstützt die US-Regierung Forderungen nach einer eingehenden Untersuchung der Zwischenfälle. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormack, nannte die Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten beunruhigend. Menschen müssten sich frei äußern und friedlich protestieren können, sagte er. (tso/dpa)

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