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Lafontaine

© dpa

Querelen mit Bartsch: Die Linke spekuliert über Lafontaines Rückzug

Eine erneute Kandidatur des erkrankten Oskar Lafontaine als Parteichef der Linken ist fraglich - auch wegen Querelen mit Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch.

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Linke weiß nicht, woran sie ist: Anfang kommenden Jahres will Oskar Lafontaine entscheiden, in welcher Form er seine politische Arbeit fortsetzt, dies hatte er selbst vor seiner Krebsoperation bekannt gemacht. Die hat er inzwischen gut überstanden. Doch wird er deshalb nun sicher im Mai 2010 auf dem Bundesparteitag in Rostock wieder als Chef antreten? Nach Angaben aus dem Umfeld Lafontaines sind bisher nicht alle Voraussetzungen für eine neue Kandidatur erfüllt. Als ein gewichtiges Problem gilt das gestörte Verhältnis Lafontaines zu seinem Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Der gilt selbst als Anwärter auf die Nachfolge, nach Darstellung von mehreren Spitzenpolitikern der Linken ist er aber wegen vermeintlicher Illoyalität gegenüber Lafontaine in Ungnade gefallen.

Bisher üben sich die meisten Genossen in Zweckoptimismus, was die Frage angeht, ob sich der 66-jährige Saarländer im Mai noch einmal für zwei Jahre wählen lässt. Lafontaine habe doch auf der Klausur der Bundestagsfraktion im Oktober bereits versichert, wieder als Parteichef antreten zu wollen, erinnert sich die stellvertretende Vorsitzende Halina Wawzyniak. „Ich gehe davon aus, dass es dabei bleibt.“ Ähnlich äußert sich Fraktionsvize Klaus Ernst: „Oskar Lafontaine ist gut drauf. Aus meiner Sicht kommt er wieder. Er ist nicht amtsmüde.“ Bartsch selbst hat die Entscheidung von Lafontaine schon am 19. November vorweggenommen – am gleichen Tag, an dem dieser sich zur Operation in die Klinik begab: „Er wird im Mai nächsten Jahres wieder kandidieren.“

Dass Lafontaines Parteifreunde sich ihren Chef weiter gesund, munter und engagiert wünschen, hat vor allem einen Grund: Ein Wechsel an der Spitze jetzt wäre für die Linke „nicht einfach zu bewältigen“, wie Eingeweihte sagen. Bis in die Spitze hinein herrscht die Auffassung, dass neben Bartsch auch der zweite potenzielle Lafontaine-Nachfolger, der Thüringer Fraktionschef Bodo Ramelow, gegenwärtig als „verbrannt“ gilt – als „geschmack- und pietätlos“ war ihm angelastet worden, sogar öffentlich über die Lafontaine-Nachfolge spekuliert zu haben, nachdem dieser seine Krebserkrankung bekannt gemacht hatte. „Das vergisst die Partei so schnell nicht“, sagt ein Spitzenmann, der sowohl Bartsch wie Ramelow als angezählt ansieht.

Für Lafontaine selbst könnte es mehrere Gründe geben, sich nach dem überraschenden Rückzug aus der Fraktionsführung nach der Bundestagswahl auch aus der Parteispitze zurückzuziehen. Sein Büro in der Parteizentrale Karl-Liebknecht-Haus hatte er schon vor seiner Operation nie bezogen. Und sein „Spaßfaktor“, wie es ein Vertrauter ausdrückt, ist nicht nur reduziert durch das angeschlagene Verhältnis zum Bundesgeschäftsführer. Die fehlgeschlagene Bildung einer rot- rot-grünen Regierung an der Saar und nervige Berichte über sein Privatleben könnten seinen Abgang auf Raten befördern. Auch glauben Parteifreunde, dass es ihm deutlich besser gefallen hätte, die SPD im Bund vor sich herzutreiben – mit einer rechnerischen Mehrheit von Rot-Rot- Grün im Rücken. Sollte sich jetzt das Verhältnis zu den Sozialdemokraten entspannen, Lafontaine würde dabei keine Rolle spielen.

Für den Fall, dass der von den ostdeutschen Reformern gestützte Bartsch nicht nur abgemahnt, sondern sogar abserviert wird, wird als Nachfolger der Lafontaine- Vertraute Ulrich Maurer gehandelt. Und wenn Lafontaine ganz die Lust am linken Projekt verliert? Es ist kaum zu erwarten, dass sich Lothar Bisky, dessen Amtszeit im Mai ausläuft und der die Linken im EU-Parlament führt, von Gregor Gysi noch einmal in die Pflicht nehmen lässt. Als Notersatz könnte der frühere WASG- Vorsitzende Klaus Ernst einspringen, neben Lafontaine der wichtigste Genosse aus dem Westen. Ob der Schweinfurter Gewerkschafter weiß, dass über ihn schon spekuliert wird? „Das ist recht und schön“, sagt Ernst. „Wir haben einen Vorsitzenden. Und ich freue mich, dass der das möglichst lange macht.“

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