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Zum Wohle! Aber reich sein, heißt nicht nur Sekt schlürfen. Der Reichtum will verwaltet und vermehrt werden.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Die reichsten Deutschen: Rasch noch einen Goldesel shoppen

Wir sind süchtig nach Ranglisten. Und die von den Reichsten der Reichen ist besonders spannend. Doch über deren Seelenleben erfahren wir dort nichts. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Immer nur Nullen! Jeder von uns kennt sie, vorn vor dem Komma oder sogar als Schulden, und die Grundregel besagt: Je mehr, desto schlechter. Dabei sind Nullen das Beste, was einem passieren kann – es muss nur ganz vorn links, da, wo sie aufhören, noch eine andere Zahl stehen, egal welche, und die muss einem gehören. Dann entstehen kühne Gebilde wie die Zahl 30.000.000.000, auch bekannt als 30 Milliarden. Fügen wir noch das Wort Euro hinzu, ergibt sich das grob geschätzte Vermögen der Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten, zusammen die aktuell reichsten Deutschen.

Ja, sagen Sie, mir doch egal. Stimmt aber gar nicht. Denn wir sind süchtig nach Ranglisten, und wenn das „Manager-Magazin“ alljährlich die reichsten Deutschen nennt, dann lesen wir das. Die Reichen sind eigentlich arm, das hat sich seit Dagobert Duck herumgesprochen, sie werden von Geiz und Versagensängsten geschüttelt, und wenn Stefan Quandt nachts aufwacht und Geldsorgen hat, dann geht es immer gleich um Milliarden, da reicht schon ein kleiner Wackelkontakt bei BMW, und zack, Aktie im Keller, Geld weg.

Weil die Reichen so furchtsam diskret sind, wissen wir wenig über ihr Seelenleben. Die Familie Reimann zum Beispiel, die sich ... Ja, Reimann. Hat sich einen Kaffeekonzern zusammengekauft, neuerdings zweitreichste Familie in Deutschland, die kennt kein Mensch. Am Tag der Veröffentlichung haben sie vermutlich eine Flasche Faber Krönung aufgemacht und gefeiert – während bei den Continental-Schaefflers, die sie verdrängt haben, Trauer herrschen dürfte. Was haben wir falsch gemacht? Welchen Manager müssen wir feuern? Können wir rasch noch irgendeinen Goldesel shoppen?

Auf den Plätzen 4 bis 6 übrigens liegt Familie Aldi-Süd vor Lidl und AldiNord, großer tragischer Stoff, Shakespeare plus. Was sich da an Emotionen angesammelt hat und nach draußen will, ist für Tariflöhner und Hartzer gleichermaßen unvorstellbar. Hinten sitzen ihnen die Ottos im Nacken und dieser Bremsen-Thiele, das sind knallharte Verdiener. Sie alle müssen unvorstellbare Geldströme kanalisieren, die Nullen sprengen die Formulare fürs Girokonto, kein Bänker zahlt ihnen noch Zinsen dafür, alle wollen was abhaben, und der Steuerprüfer wohnt praktisch ganzjährig im Pförtnerhaus, um den Überblick zu behalten.

Ach, und das sind noch längst nicht alle Milliardäre im Land. Es ist wirklich ein Elend mit all dem Reichtum.

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