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Favoritin des rechten Randes. Sarah Palin lässt offen, ob sie für die Präsidentschaft kandidieren wird - derzeit will sie die Honorare für ihre Vortragstour in die Höhe treiben. Foto: AFP

© AFP

Politik: Ratlose Republikaner

Richtungsstreit: Acht Monate vor ersten Vorwahlen werfen prominente Kandidaten das Handtuch

Es ist nicht leicht, Republikaner zu sein in diesen Tagen. Bis vor kurzem blickten Amerikas Konservative siegesgewiss auf die Wahl 2012. Bei der Kongresswahl im November hatten sie die Parlamentsmehrheit gewonnen. Die Erfolgsstrategie galt als Wegweiser zur Rückeroberung des Weißen Hauses: Präsident Obama häufe Schulden über Schulden an und baue mit der Gesundheitsreform einen nicht finanzierbaren Sozialstaat aus. Die Republikaner bauen auf Budgetdisziplin und Selbstverantwortung der Bürger.

Doch plötzlich steht das Parteikürzel „R“ für Ratlosigkeit. Die Suche nach dem besten Präsidentschaftskandidaten entwickelt sich nicht zum Wettbewerb der Starken und Überzeugenden, die die Basis begeistern. Es bleiben nur noch acht Monate bis zu den ersten Vorwahlen in Iowa und New Hampshire, und mehrere Mitfavoriten werfen das Handtuch, weil sie angesichts des Richtungsstreits in der Partei und rücksichtsloser Angriffe aus den eigenen Reihen nicht an ihre Erfolgschance gegen Obama glauben. Darunter sind zwei der drei Politiker, die im April noch die Umfragen anführten: Mike Huckabee, der im Wahlkampf 2008 als gitarrespielender Pfarrer Furore gemacht hatte, derzeit eine populäre Talkshow im Sender Fox moderiert und die christlichen Wähler anspricht; sowie der Immobilienlöwe Donald Trump, der mit seiner ökonomischen Kompetenz auf den Wirtschaftsflügel zielte. Den Verzicht hat auch Mitch Daniels erklärt, Gouverneur von Indiana; er galt als Geheimtipp der moderaten Rechten. Ein solches Favoritensterben zum Auftakt des Wahlkampfs hat Amerika lange nicht erlebt. Hektisch suchen die Strategen nach neuen Favoriten. Auch Sarah Palin, die umstrittene Vizepräsidentschaftskandidatin von 2008, wird bedrängt, anzutreten.

Parallel dazu ist das vermeintlich siegbringende Thema – Einsparungen im Haushalt plus Reform des Renten- und Gesundheitssystems der Senioren, dessen Kosten explodieren – zum Bumerang geworden. Bei der Nachwahl für einen offenen Kongresssitz in einem bisher verlässlich konservativen Wahlkreis im Staat New York verlor die Republikanerin Jane Corwin am Dienstag gegen die Demokratin Kathy Hochul.

Das ist ein Alarmsignal. Die Senioren rebellieren gegen die Kürzungspläne. Normalerweise gilt die Regel: Junge Wähler stimmen mehrheitlich für die Demokraten, ältere für die Republikaner. Auch in der „Tea Party“ dominierten 2010 die Senioren. Das war ein auffälliger Widerspruch. In ihrer Empörung über einen relativ jungen, schwarzen Präsidenten, der das Land angeblich an den finanziellen Abgrund führe, begeisterten sich ältere weiße Konservative für eine Protestbewegung, die „Weniger Staat!“ propagierte.

Nun haben die Republikaner die Mehrheit im Kongress. Als ihr Budgetexperte Paul Ryan kürzlich den Haushaltsentwurf vorlegte, wurde deutlich, was weniger Staat für Senioren bedeutet: Kürzungen bei der staatlichen Grundrente („Social Security“) und der staatlichen Gesundheitsversorgung der Rentner („Medicare“). Auch die US-Gesellschaft altert, ohne eine Reform der Altersversorgung wachsen die Defizite unkontrollierbar.

Der Konflikt gab dem parteiinternen Wettbewerb um die Präsidentschaftskandidatur eine entscheidende Wende. Newt Gingrich, der die Republikaner 1994 zum Erdrutschsieg bei der Kongresswahl gegen Bill Clinton geführt hatte, bewies auch jetzt sein Gespür für die Stimmung unter Wählern. In einer Sonntags-Talkshow griff er die Kürzungspläne frontal an. Zunächst erntete er einen Entrüstungssturm in der Partei. Man dürfe dem Budgetexperten Ryan doch nicht so in den Rücken fallen. Ryan gilt als populärer Nachwuchsstar. Gingrich sah sich zu einer Entschuldigung gezwungen. Doch der Ausgang der Nachwahl im Staat New York gibt ihm strategisch recht und hat die Republikaner verunsichert. Sollen sie an ihrem Sparkonzept festhalten und die Wut der Senioren riskieren, die zur Wahlniederlage 2012 führen kann? Oder sollen sie einlenken und damit als schwach und nachgiebig gegenüber den Demokraten erscheinen?

Das aktuelle Kandidatenfeld verheißt wenig Trost. Die Umfragen führt Mitt Romney an. Er gilt als solide, aber langweilig. Seine politische Biografie bietet zudem viele Angriffspunkte. In zentralen Fragen hat er seine Meinung gewechselt, je nachdem, woher der Wind weht. Tim Pawlenty, Ex-Gouverneur von Minnesota und ein moderater Pragmatiker, könnte zu einem gefährlichen Herausforderer Obamas werden, weil er Wechselwähler in der Mitte anspricht. Doch bisher gewinnt er nicht den Rückhalt an der Basis, den er für die Nominierung braucht. Der rechte Teil der Basis begeistert sich für Sarah Palin und Michele Bachmann. Die beiden Ikonen der „Tea Party“ werden zu Rivalinnen. Palin geht an diesem Wochenende auf Vortragstour. Einige US-Medien deuten das als Hinweis auf eine Kandidatur. Parteiinsider sagen dagegen, sie kokettiere nur mit der Idee, weil das ihre Honorare für Vorträge und TV-Auftritte in die Höhe treibe. Sie werde aber nicht antreten.

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