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Mit nackten Brüsten kniet am 23. Dezember eine Aktivistin der Frauenrechtsgruppe Femen vor einer Kirche in der Hauptstadt Madrid. Auf Oberkörper und Arme hatte sie die Slogans „Weihnachten ist abgesagt“ und „Freie Abtreibung“ geschrieben.

© AFP

Regierung nimmt liberales Recht zurück: Abtreibung in Spanien bald verboten

Spaniens Regierung brachte ein Abtreibungsverbot auf den Weg, das einen Schwangerschaftsabbruch nur noch in Ausnahmefällen zulässt. Damit verabschiedet sich das Land von der Fristenlösung bis zu 14. Schwangerschaftswoche und strebt eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas an.

Mit nackten Brüsten hat eine Aktivistin der Frauenrechtsgruppe Femen in Spanien gegen die geplante Einschränkung des Rechts auf Abtreibung protestiert. Die Frau kniete am Montag nur mit einer weißen Hose und einem blauen Schleier bekleidet vor einer Kirche in der Hauptstadt Madrid nieder. Auf Oberkörper und Arme hatte sie die Slogans „Weihnachten ist abgesagt“ und „Freie Abtreibung“ geschrieben. Zwei weitere Aktivistinnen schütteten vor der Kirche San Manuel y San Benito im Zentrum Madrids eine rote Flüssigkeit auf den Boden.

Eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas

Schon am Freitag hatten Frauenorganisationen im ganzen Land für die Beibehaltung des aktuellen Abtreibungsrechtes demonstriert. „Unser Bauch gehört uns“, riefen Demonstrantinnen. Doch der Proteststurm wurde nicht erhört: Spaniens konservative Regierung brachte ein Abtreibungsverbot auf den Weg, das einen Schwangerschaftsabbruch nur noch in Ausnahmefällen zulässt. Damit verabschiedet sich Spanien von der Fristenlösung bis zu 14. Schwangerschaftswoche, wie sie ähnlich in vielen europäischen Ländern gilt, und strebt eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas an.

Der Gesetzentwurf „zur Verteidigung des Lebens“ muss zwar noch zur Beratung ins Parlament. Doch angesichts der absoluten Mehrheit der konservativen Volkspartei im Abgeordnetenhaus bestehen wenig Zweifel, dass die geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts beschlossen wird. Mit der Rückkehr zum Verbot, wie es 2010 existierte, kommen Spaniens Konservative einer Forderung der katholischen Kirche nach. Der Gesetzentwurf wurde nicht vom Gesundheitsministerium, sondern vom tiefreligiösen Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón ausgearbeitet, der zum ultrakonservativen Parteiflügel gehört.

Zahl der Abtreibungen war in Spanien zuletzt stark gestiegen

Der frühere sozialistische Ministerpräsident José Luis Zapatero hatte 2010 die Liberalisierung des Abtreibungsrechtes durchgesetzt. Dem neuen Gesetzentwurf der konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy zufolge soll künftig eine strenge Indikationsregel gelten. Damit dürfen Frauen dann nur noch in sehr begrenzten Ausnahmefällen die Schwangerschaft abbrechen: etwa nach einer Vergewaltigung, bei erheblicher Gefahr für die Gesundheit der Frau und bei schweren Missbildungen, mit denen das Kind keine Überlebenschance hätte.

Diese Ausnahmesituationen müssen von zwei Ärzten bescheinigt werden, zusätzlich soll eine Beratung durch den staatlichen Sozialdienst Pflicht sein. Minderjährige müssen zudem künftig die Zustimmung der Eltern einholen. Mit diesen gesetzlichen Hürden will Justizminister Ruiz-Gallardón die Zahl der Abtreibungen verringern. Die Zahl der Abtreibungen war in Spanien zuletzt stark gestiegen: 2003 wurden etwa 80 000 Abbrüche registriert, 2011 waren es nahezu 120 000 – davon betreffen etwa zehn Prozent junge Frauen unter 18 Jahren. Im vergangenen Jahr sind nach Informationen der spanischen Tageszeitung „El País“ 112 390 Abtreibungen verzeichnet worden, das waren etwa 6000 weniger als im Jahr zuvor.

Fachverbände wie die „Gesellschaft für öffentliche Gesundheit“ warnen, dass ein Abtreibungsverbot nicht die Zahl der Abbrüche verringert, sondern nur dazu beiträgt, „dass diese unter schlechteren Bedingungen stattfinden werden“. Betroffene Frauen müssen illegale Abtreibungskliniken aufsuchen, oder sind gezwungen, in Nachbarländer wie Portugal oder Frankreich auszuweichen, wo liberale Fristenregelungen gelten. Die nationale Vereinigung der Abtreibungskliniken erklärte, dass mit diesem Gesetz, Abtreibungen „praktisch unmöglich“ sein werden. Der Dachverband der spanischen Gynäkologen beklagte, dass er „nicht um Rat gefragt worden sei“. Spaniens Justizminister hatte das Anti-Abtreibungsgesetz unter großer Geheimhaltung vorbereitet.

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