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Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Sprecher Steffen Seibert beim kommunizieren.

© Michael Kappeler/dpa/ picture alliance

Regierungskommunikation: Vom Nutzen der Nähe

Mit "Focus"-Korrespondentin Martina Fietz zieht eine weitere Hauptstadt-Journalistin in das Bundespresseamt ein - das zunehmend selbst Presse macht. Ein Kommentar.

Es folgt guter Tradition, Regierungssprecher aus dem Journalismus zu rekrutieren, insoweit ist die Berufung von Martina Fietz auf einen Vizeposten im Bundespresseamt keine Überraschung. Vorgänger Georg Streiter, der insgesamt unauffällig blieb, aber auffällig stabil manchen Wechsel überstand, war gelernter Boulevard-Mann. Nebenvize Ulrike Demmer schrieb wie Fietz unter anderem für den „Focus“, Hauptsprecher Steffen Seibert war mal ein bekanntes Fernsehgesicht im ZDF. Im Allgemeinen sind die Medien stets auch ein wenig stolz, wenn ihre Leute in die obere Regierungskommunikation wechseln. Manchmal führt der Weg die Ex-Journalisten sogar weiter, etwa Christiane Wirtz, die heute als Staatssekretärin im Justizministerium tätig ist.

Regierungssprecher sollen Politik erklären, was liegt also näher, als hauptberufliche Politikerklärer dafür einzuwerben? Die allgemeine Geringschätzung für politische Kontroversen – sie heißen hierzulande oft „Streit“ – erleichtert jedenfalls den Grenzübertritt. Sprecher und Besprochene zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie gut miteinander klarkommen, wofür sinnbildlich die dreimal wöchentlichen Regierungspressekonferenzen stehen, in denen man zumeist friedfertig aufeinandertrifft. Nicht zu vergessen, dass die Regierung mit ihrer Präferenz für Journalisten neben deren Professionalität auch deren gute Kontakte gewinnt, weniger die zu Informanten, dafür aber die oft vielfältigen und nützlichen zu langjährigen Kolleginnen und Kollegen.

Insbesondere mit den Personalien Fietz und Demmer wird hier wohl eine besondere Nähe sichtbar. Beide waren als ausgewiesene Hauptstadt-Korrespondentinnen tätig und gehörten damit zu einem Kreis Erwählter, die von der Regierung im Tagesgeschäft manchmal sogar ins Vertrauen gezogen werden – sofern sie sich verpflichten, darüber zu schweigen. Auch solche Art Hintergrundgespräche in der Spitze der Exekutive gehören in der Bundesrepublik zur guten Praxis; auf allen Seiten wird großer Wert darauf gelegt.

Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass das staatliche Informationsangebot journalistischer wird. Sprech- und Präsentationsweisen nähern sich an, in Netzkanälen wird um die Wette gesendet, und es zeugt von Weitblick, dass sich Angela Merkel frühzeitig für einen erprobten TV-Moderator als ihren Anchorman entschied. All dies könnte Journalisten auch Anlass geben, wieder etwas auf Abstand zu gehen

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