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Regimekritiker aus Tadschikistan erschossen: Mord auf offener Straße in Istanbul

Eine Woche nach dem Mord an dem russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow wurde ein prominenter Regierungsgegner aus Tadschikistan, einem anderen postsowjetischen Staat, ermordet. Umarali Kuwatow wurde in Istanbul erschossen.

Ein bekannter tadschikischer Oppositionspolitiker ist in der Nacht zum Freitag in Istanbul ermordet worden. Umarali Kuwatow wurde Medienberichten zufolge auf offener Straße durch einen Schuss in den Kopf getötet. Der 47-Jährige, der im türkischen Exil lebte, galt als einer der schärfsten Kritiker des autoritären Regimes im zentralasiatischen Tadschikistan.  

Kuwatow gründete die oppositionelle „Gruppe 24“, die in seiner Heimat unter dem Vorwurf des Extremismus verboten wurde. Die tadschikischen Behörden verlangten seine Auslieferung, die Türkei lehnte dies ab.

Kuwatow hatte in seiner Zeit als Geschäftsmann jahrelang enge Kontakte zur Familie des Präsidenten Emomali Rachmon, ist aber seit Jahren in der Opposition. Das Regime habe ihn gefürchtet, „weil er sehr viel wusste“, sagen Weggefährten. Sein Land verließ Kuwatow bereits 2012. Im Fall einer Auslieferung nach Tadschikistan fürchtete er, ermordet zu werden.  

Andere Regierungskritiker aus Tadschikistan sehen den Mord als deutliche Warnung: „Das ist eine Botschaft an alle Oppositionellen, die in anderen Ländern leben: Unsere Arme reichen bis zu euch“, sagt der Journalist Dododschon Atowullojew, der in Berlin lebt. Vor einiger Zeit erhielt er einen Hinweis aus der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe, dass Anschläge sowohl auf ihn als auch auf Kuwatow geplant seien. Über die politische Führung in seiner Heimat sagt Atowullojew: „Dieses Regime hält sich nur noch durch Angst.“

Tadschikistan wird seit mehr als 20 Jahren von Staatschef Rachmon autoritär regiert. Aus den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag ging die Regierungspartei als Siegerin hervor, die Abstimmung wurde von internationalen Beobachtern als undemokratisch kritisiert.

Atowullojew fordert nun von Deutschland und der Europäischen Union, den Mord klar zu verurteilen, dem Regime in Tadschikistan jede Unterstützung zu verweigern und dessen Vertreter nicht mehr in die EU einreisen zu lassen. Besonders optimistisch ist er jedoch nicht. „Das Wort Freiheit ist in Europa ein Opfer der Realpolitik geworden.“

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