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Politik: Rettung per SMS

Das Potsdamer Geoforschungszentrum hat das weltweit schnellste Erdbebenwarnsystem entwickelt

Potsdam/Berlin - Das Potsdamer Geoforschungszentrum (GFZ) entwickelt im Auftrag des Bundesforschungsministeriums (BMBF) ein Konzept für ein Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean, an dessen Aufbau sich Deutschland maßgeblich beteiligen will. Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Vorschlag von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) am letzten Mittwoch gebilligt, bestätigte die Sprecherin des Ministeriums, Barbara Duffner, dem Tagesspiegel. Der Auftrag – für den es Vorabsprachen mit den Potsdamer Forschern gab – werde jetzt offiziell erteilt. Die Kosten werden zunächst auf 40 Millionen Euro veranschlagt, diese Summe sei vom BMBF zugesichert.

Hauptgrund für den Zuschlag ist laut Duffner, dass das Potsdamer Institut auf dem Gebiet der Echtzeit-Warnung vor Erdbeben technologisch führend ist und bereits ein globales Erdbeben-Messnetz unterhält. „Mit unserem Konzept können wir in ein bis zwei Jahren ein leistungsfähiges Frühwarnsystem aufbauen“, sagte Forschungsministerin Edelgard Bulmahn der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Nach Vorstellungen Bulmahns soll das Tsunami-Frühwarnsystem später auch auf den Mittelmeerraum und den Atlantik ausgedehnt werden, wo es ebenfalls stark erdbebengefährdete Küsten gibt.

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU), seit Jahresbeginn Präsidentin der Kultusministerkonferenz, begrüßte die Entscheidung. Der Zuschlag für das Potsdamer Geoforschungszentrum belege „die hohe Leistungsfähigkeit des Forschungszentrums, das auch auf dem Gebiet der Erdbebenforschung eine hohe internationale Reputation genießt“, sagte Wanka dem Tagesspiegel. Die Potsdamer Forscher haben das weltweit schnellste Erdbebenwarnsystem entwickelt. Vor diesem Hintergrund rechnet sich die Bundesregierung gute Chancen aus, dass Deutschland eine führende Rolle beim Aufbau des Tsunami-Warnsystems in Südostasien einnehmen kann, auf das sich eine Geberkonferenz in Jakarta vor wenigen Tagen grundsätzlich verständigt hatte.

Die Forscher der traditionsreichen Einrichtung auf dem Potsdamer Telegrafenberg, wo 1889 weltweit das erste Erdbeben registriert wurde, haben bereits erste Grundzüge des neuen Konzepts entworfen. Dafür konnten sie auf ein seismografisches Netz mit rund 50 Erdbeben-Messstationen zurückgreifen, das das GFZ mit Partnerinstitutionen betreibt. Südostasien ist bislang jedoch kaum erfasst. „Für den Indischen Ozean gibt es noch Nachholbedarf“, erklärt der Potsdamer Seismologe Claus Milkereit.

Für das neue Tsunami-Warnsystem dort würden weitere 30 bis 40 Stationen in Indonesien, Sri Lanka und anderen Anrainer-Staaten hinzukommen. Über sie würde bei einem Beben automatisch eine Warnung im Internet veröffentlicht und über regionale Datenzentren per E-Mail oder SMS weiterverbreitet. Auch Hotels oder Privathaushalte könnten sich an das Warnsystem anschließen.

Nach Einschätzung der Potsdamer Forscher ist die Seebebengefahr im Indischen Ozean weiterhin hoch. Die Wissenschaftler schätzen die Gesamtkosten für das neue Frühwarnsystem auf 100 Millionen Euro. Allerdings warnt der Seismologe Professor Jochen Zschau auch vor übertriebenen Erwartungen. Man könne nicht auf einen Schlag ein perfekt funktionierendes Warnsystem installieren. Im Pazifik habe dies mehr als 50 Jahre gedauert.

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