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Politik: Rückzug statt Vormarsch Die Entsendung türkischer Soldaten in den Irak ist unsicher

In der Türkei verdichten sich die Anzeichen dafür, dass aus der geplanten Entsendung von 10 000 Soldaten in den Irak zumindest vorerst nichts wird. Nach dem Anschlag auf die türkische Botschaft in Bagdad wächst der Druck auf die Regierung in Ankara, den Militäreinsatz abzublasen, um das Leben der Soldaten nicht unnötig zu gefährden.

In der Türkei verdichten sich die Anzeichen dafür, dass aus der geplanten Entsendung von 10 000 Soldaten in den Irak zumindest vorerst nichts wird. Nach dem Anschlag auf die türkische Botschaft in Bagdad wächst der Druck auf die Regierung in Ankara, den Militäreinsatz abzublasen, um das Leben der Soldaten nicht unnötig zu gefährden. Auch die USA, die bisher auf eine türkische Beteiligung drängten, bekommen offenbar kalte Füße: US-Spitzenpolitiker sprechen plötzlich von Schwierigkeiten mit der türkischen Entsendung; die türkisch-amerikanischen Verhandlungen über Einzelheiten des Einsatzes wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.

Am Donnerstagmittag erschütterten wieder heftige Explosionen die Innenstadt von Bagdad. Augenzeugen sprachen von vier Detonationen. Der arabische Sender Al Dschasira berichtete, in der Nähe des Sitzes der US-Zivilverwaltung habe es in der vergangenen Nacht einen Angriff mit Mörsergranaten gegeben. Ein weiterer Sprengsatz sei an einer Ölpipeline westlich von Bagdad explodiert.

Offiziell bleibt die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dabei, dass der Anschlag auf die türkische Botschaft nichts mit der Truppenentsendung zu tun hatte – und dass sich nichts ändert. Unter der Hand aber wird der Verdacht laut, dass die US-Unterstützung für Ankara angesichts der irakischen Proteste abbröckeln könnte. Die negativen Folgen einer türkischen Militärpräsenz im Irak wögen aus der Sicht Washingtons inzwischen schwerer als die Vorteile, schrieb die englischsprachige „Turkish Daily News“. Äußerungen hochrangiger US-Politiker verstärken die Zweifel. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice nannte die Entsendung ein „sensibles Thema“ und sagte, Washington spreche „mit allen Parteien“. Sie ließ offen, ob die Soldaten in Marsch gesetzt werden: „Wir werden sehen, wo wir am Ende rauskommen.“ Die USA hätten den irakischen Widerstand gegen türkische Truppen unterschätzt, heißt es bei westlichen Diplomaten. Nun lässt Ankaras Regierung ihrerseits Unzufriedenheit mit den USA erkennen. Die Amerikaner seien sich nicht einig, ließen türkische Diplomaten verlauten.

Für die Regierung in Ankara wäre es nicht unbedingt eine Katastrophe, wenn aus dem Auslandseinsatz nichts wird. Ihr politisches Nahziel – die Reparatur der Beziehungen zu den USA – sei mit dem Parlamentsbeschluss ja erreicht, sagte ein Diplomat in Ankara.

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