zum Hauptinhalt
Schelewa

© dpa

Rumjana Schelewa: Bulgariens Kandidatin für EU-Kommission gibt auf

Europaparlament bemängelte Angaben zu Nebentätigkeiten von Rumjana Schelewa. Nun wird Vizechefin der Weltbank, Kristalina Georgiewa Nachfolgerin

Die neue EU-Kommission kann nicht wie geplant am 1. Februar ihre Arbeit aufnehmen. Das Europaparlament entschied gestern, die für kommende Woche angesetzte Abstimmung über die 26 designierten Kommissare auf den 9. Februar zu vertagen. Nach dem Rückzug der designierten bulgarischen Kommissarin Rumjana Schelewa seien neue Anhörungen nötig, sagte Parlamentspräsident Jerzy Buzek. Schelewa hatte ihre Kandidatur am Dienstag zurückgezogen und war so einem negativen Votum der Abgeordneten zuvorgekommen.

Die Entscheidung ist ein Rückschlag für Kommissionschef José Manuel Barroso. Er war bereits im Herbst in seinem Amt bestätigt worden und arbeitet seit November nur noch mit einem geschäftsführenden Kollegium, was die EU-Gesetzgebung lähmt. Auch der Zeitplan der EU-Regierungschefs gerät nun in Gefahr. Am 11. Februar ist ein Sondergipfel in Brüssel geplant. Bis dahin sollte die neue EU-Kommission im Amt sein.

Schelewas Rückzug war seit Tagen erwartet worden. Die Bulgarin hatte bei ihrer Anhörung im Parlament einen schwachen Eindruck gemacht; zudem wurde sie den Vorwurf nicht los, in dubiose Privatgeschäfte verwickelt zu sein. „Ich habe keine Hoffnung auf eine unparteiische und objektive Beurteilung“, sagte die 40-Jährige. Massiv kritisiert wurde sie, weil sie Angaben zu Nebentätigkeiten während ihrer Zeit als Europaabgeordnete und jetzt wieder verschwiegen haben soll. Dagegen hatten das bulgarische Justizministerium und EU-Anwälte keine Interessenkonflikte Schelewas im Zusammenhang mit ihren Geschäftsverbindungen gesehen.

Bulgarien nominierte die derzeitige Vizepräsidentin der Weltbank, Kristalina Georgiewa, als neue Kandidatin. Schelewa soll Außenministerin ihres Landes bleiben. Barroso lobte die „schnelle Reaktion der bulgarischen Regierung“. Der Prozess der Amtseinführung der Kommission solle jetzt „fortgesetzt und so rasch wie möglich beendet werden“.

Die konservative EVP-Fraktion reagierte enttäuscht auf Schelewas Rückzug. Sie sei „Opfer eines Kleinkriegs geworden“, sagte Fraktionschef Joseph Daul. Vor allem Sozialdemokraten und Liberale hatten die Politikerin kritisiert. Die größte Fraktion im Europaparlament nimmt nun im Gegenzug einen Kandidaten der Sozialisten ins Visier. Sie forderte den Slowaken Maros Sefcovic auf, seine umstrittenen Äußerungen über Roma vor fünf Jahren noch einmal zu erläutern. In seiner Anhörung habe Sefcovic den Verdacht, dass es sich um rassistische Äußerungen gehandelt haben könnte, nicht eindeutig ausgeräumt, hieß es in EVP-Kreisen.

Bulgarien steht unter starkem Druck durch die EU, stärker als bisher gegen Korruption und das organisierte Verbrechen im Land vorzugehen. Jeden Minister, der seinen Aufgaben nicht gerecht werde oder dem unrechtmäßiges Handeln vorzuwerfen sei, werde er unverzüglich entlassen, hatte Ministerpräsident Borissow bei Aufnahme seiner Regierungstätigkeit Ende Juli versprochen. Angesichts der quälenden Hängepartie um die EU-Kommissionskandidatur seiner Außenministerin muss sich Borissow nun vorhalten lassen, genau das Gegenteil getan und Bulgarien damit politischen Schaden zugefügt zu haben.

Zwar hatten Schelewas Unterstützer versucht, die politische Auseinandersetzung in die Richtung zu lenken, wie verwerflich es sei, dass Bulgaren vor der europäischen Öffentlichkeit andere Bulgaren diskreditierten. Die meisten bulgarischen Kommentatoren kritisieren Schelewa indes dafür, Unklarheiten über ihre Vermögensverhältnisse nicht ausgeräumt und sich in ihren fachlichen Antworten zu Entwicklungshilfe und Krisenbewältigung als inkompetent erwiesen zu haben. Die nun nominierte Weltbank-Vizepräsidentin Georgiewa war in Sofia bereits für ein Ministeramt im Gespräch.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false