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Politik: Rumsfeld: Nichts im Leben ist perfekt

US-Verteidigungsminister schlägt Wahlen nur in einem Teil des Irak vor

Der Termin steht, sagt Iraks Regierungschef Ijad Allawi, wenn er über die für Januar geplanten Wahlen spricht. „Es gäbe keinen größeren Erfolg für die Terroristen, wenn wir sie verzögerten, und keinen härteren Schlag, wenn sie stattfinden“, sagte Allawi am Donnerstag in Washington. US-Präsident George Bush beteuerte, am Zeitplan werde festgehalten.

Doch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vermasselte ihnen die Show. Er stand vor einem Senatskomitee und deutete an, dass die ersten Wahlen im Irak nicht frei sein werden. „Nehmen wir an, es wurde versucht, eine Wahl zu organisieren“, sagte er, „aber sie kann nur in drei Vierteln oder vier Fünfteln des Landes abgehalten werden, weil in den anderen Gebieten die Gewalt zu groß ist. Dann soll es eben so sein. Nichts im Leben ist perfekt“. Es war das erste Mal, dass ein Mitglied der US-Regierung diese Möglichkeit offen aussprach. Zwar forderte Vizeaußenminister Richard Armitage am Freitag vor dem US-Kongress, die Wahlen müssten offen für alle Bürger sein, und bekräftigte vor Journalisten: „Wir wollen sie unbedingt in allen Teilen Iraks abhalten.“ Doch die Diskussion über das Thema war dadurch nicht mehr zu stoppen. Wie wäre es, fragten oppositionelle Demokraten, wenn sich an einer Präsidentschaftswahl in den USA nur vierzig der fünfzig Bundesstaaten beteiligen dürften?

Die Einwände liegen auf der Hand. Die Minderheit der Sunniten hat jahrzehntelang im Irak geherrscht. Aus ihren Kreisen nährt sich nun die Rebellion. Sunnitische Geistliche rufen offen zum Wahlboykott auf. Was aber passiert, wenn die Sunniten nicht mitwählen? Das Wahlziel ist neben der Bildung einer legitimen Regierung auch die Einleitung des Prozesses, der zu einer neuen Verfassung führen soll. Sie muss das Zusammenleben von Schiiten, Kurden und Sunniten regeln. Doch die Sunniten werden jede Wahl, von der sie ausgeschlossen werden, als Hohn empfinden. „Ohne Beteiligung der Sunniten wären die Ergebnisse der Wahl schlimmer als nutzlos“, schrieb der Irakexperte Noah Feldman in der „New York Times“.

Im Januar nur Teilwahlen abhalten zu können, kommt dem Eingeständnis gleich, den Irak nicht befrieden zu können. Rumsfeld gab ein Scheitern zu. Wie um ihm recht zu geben, wurden am Freitag mehrere Ägypter in Bagdad verschleppt. Der Kontrast zum Optimismus von Bush und Allawi war groß. „Im größten Teil des Irak gehen die Kinder wieder zur Schule, die Eltern finden Arbeit, und neue Firmen werden gegründet“, sagte Bush. Am Negativimage seien die Medien schuld. „Danke, Amerika“, sagte schließlich Allawi im Kongress. Die Abgeordneten spendeten stehend Beifall. Die Demokraten witterten Wahlkampfhilfe. Einige sprachen von Augenwischerei. Ihr Präsidentschaftskandidat John Kerry warf Bush Realitätsverlust vor. „Der Präsident sagt, dass die Lage im Irak besser wird und wir nur Kurs halten müssen“, sagte Kerry. „Nichts wird besser.“ Da holte Bush zum Gegenschlag aus: Kerrys Äußerungen „können den Feind ermutigen“.

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