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9200 iranische Import-Export-Firmen sind in Dubai registriert.

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Sanktionen gegen Iran: Das Dilemma der reichen Golfstaaten

Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen Sanktionslöcher gegen die Islamische Republik Iran besser stopfen. Ihr Botschafter in den USA billigte sogar indirekt einen Militärschlag - und wird prompt zurückgepfiffen.

Spötter nennen Dubai die "beste Stadt im Iran". Das winzige arabische "Übermorgenland" mit seinem gigantischen Verladehafen gilt als Drehkreuz für sensible Geschäfte mit der Islamischen Republik, bislang als das dickste Loch im Sanktionsnetz der internationalen Staatengemeinschaft. Der Schmuggel verbotener Güter ist lukrativ, der arabisch-persische Handel über die Straße von Hormus Jahrhunderte alt. Teherans Einkaufspassagen jedenfalls sind voll mit neuesten Computermodellen und Handys aus aller Welt. Auch sonst mangelt es in den Geschäften an nichts. Dafür sorgen die 9200 iranischen Import-Export-Firmen, die in Dubai registriert sind - mindestens die Hälfte gilt als Tarnunternehmen der Revolutionären Garden. Nach einer Studie der Rand-Stiftung, einem Think Tank aus Kalifornien, arbeiten rund 400.000 iranische Geschäftsleute in dem Emirat, von dem Tag für Tag die traditionellen arabischen Holzschiffe zur 250 Kilometer langen Überfahrt nach Bandar Abbas auf der persischen Seite ablegen. Viele dieser so genannten Dhows sind seit Generationen in Familienbesitz. Ihr Ameisentransport kennt keine Frachtpapiere und keine Statistik. Den Wert ihrer Ladungen schätzen westliche Experten auf 10 bis 12 Milliarden Dollar pro Jahr.

Das soll nun anders werden. Nach der UN-Resolution 1929, die die vierte Runde von Sanktionen einläutete, gehen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) erstmals gegen zwielichtige Firmen auf ihrem Territorium vor. Denn im Innengefüge der sieben Golf-Emirate haben sich die politischen Gewichte in den letzten neun Monaten erheblich verschoben. Seit Dubais Glitzerwelt im Herbst 2009 hart am Bankrott vorbeischrammte und erst mit einer 20-Milliarden-Dollar Finanzspritze vom reichen Bruder Abu Dhabi aufgepäppelt werden musste, zieht der gemeinsame Staatschef Scheich Khalifa die Zügel an. Dubais Rolle als Sanktionsbrecher war dem 62-jährigen Herrscher Abu Dhabis schon lange ein Dorn im Auge. Aus seinem Misstrauen gegenüber den politischen und nuklearen Ambitionen des Teheraner Regimes hat er nie einen Hehl gemacht, mit dem sein Land seit 1971 über drei Inseln streitet. 41 Geschäftskonten ließ er jetzt einfrieren und vierzig Firmen schließen, weil sie "mit gefährlichen Gütern handeln, die unter UN-Embargo und Atomwaffensperrvertrag fallen". Man sei entschlossen, "seinen Pflichten im Rahmen der internationalen Anstrengungen nachzukommen, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern", erklärte ein emiratischer Sprecher der Zeitung "Gulf News".

Angst vor einer iranischen Atombombe ist groß

Auch wenn die Golfstaaten keine offene Konfrontation mit dem mächtigen Nachbarn an der gegenüberliegenden Küste wünschen, die Angst vor einer iranischen Atombombe ist groß. So sorgte der VAE-Botschafter in den Vereinigten Staaten, Yousef Al-Otaiba, kürzlich für Aufsehen, als er auf einem "Ideen-Festival" des Aspen-Instituts in Washington zwar sehr gewunden, aber dennoch deutlich die Zustimmung seines Landes zu einem möglichen amerikanischen Militärschlag gegen den Iran erklärte. "Wir können nicht mit einem nuklearen Iran leben", sagte er auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum und sprach von einer "Kosten-Nutzen Rechnung". Er jedenfalls sei bereit, an Konsequenzen zu tragen, was dann "zu Lasten der Sicherheit der Vereinigten Arabischen Emirate vonstatten geht." Tags darauf bereits veröffentlichte das VAE-Außenministerium ein Dementi und nannte die Äußerungen seines Diplomaten "aus dem Zusammenhang gerissen". Man lehne den Einsatz von Gewalt zur Lösung der iranischen Atomfrage total ab, bekräftigte der Text, sei aber gleichzeitig überzeugt, dass die Golfregion atomwaffenfrei bleiben müsse.

"Es ist unmöglich, den Handel zwischen Dubai und Iran zu stoppen", warnte dann auch ein westlicher Diplomat vor zu hohen Erwartungen an die bisher 40 Firmenschließungen. Dafür gibt es zu viele langjährige Geschäftskontakte und Querverbindungen zwischen beiden Ländern und zu viele Transaktionen, die sich schlicht nicht überwachen lassen. Wenn Sanktionen und Diplomatie aber nicht ziehen, darüber sind sich alle Regierungszentralen am Golf in Klaren, bleiben ihnen am Ende nur zwei Alternativen - und beide negativ. Kommt es zu einer militärischen Konfrontation mit dem Iran, könnte sich die Islamische Republik als erstes an die nahe gelegenen Golfstaaten und deren wertvolle Ölinstallationen halten. Setzt sich Teheran dagegen mit dem Bau einer Atombombe durch, steigt Iran zur regionalen Supermacht auf und könnte bald den kleinen arabischen Nachbarn seinen Willen aufzwingen.

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