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Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman wollte international gern als Reformer gesehen werden.

© dpa

Saudi-Arabien und der Westen: Die Lobbyisten der Saudis

Seit Jahren gibt die saudische Führung große Summen für Lobbyisten im Westen aus. Darunter auch für die deutsche Firma WMP Eurocom.

Seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi ist Saudi-Arabien weltweit in den Schlagzeilen. Der Ruf des Königshauses im Westen hat durch die grausame Tat im Istanbuler Generalkonsulat schweren Schaden genommen. Dabei gibt Saudi-Arabien seit Jahren sehr viel Geld dafür aus, sein Image im Ausland aufzupolieren – auch in Deutschland. Seit 2015 arbeitet die Berliner PR-Firma WMP Eurocom für den Golfstaat. Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ zahlen die Saudis dafür eine sechsstellige Summe im Monat. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was das Land jedes Jahr in Lobbyarbeit investiert: Auch in Washington, London und Brüssel hat das Königshaus zahlreiche PR-Agenturen angeheuert.

PR-Offensive begann nach dem 11. September

Die riesige PR-Offensive der Saudis begann nach den Attentaten am 11. September 2001 in den USA. Denn von den 19 Terroristen stammten 15 aus Saudi-Arabien. Auch der Al-Qaida-Gründer Osama bin Laden kam aus einer wohlhabenden saudischen Familie. Um ihr Image in Washington wieder aufzubessern, sollen die Saudis in dem auf die Terroranschläge folgenden Jahrzehnt etwa 100 Millionen Dollar ausgegeben haben. Dabei wurden Lobbyisten auch dafür eingesetzt, in den USA ein Gesetz zu verhindern, das den Familien der Opfer vom 11. September ermöglicht hätte, juristisch gegen Saudi-Arabien vorzugehen.

Da PR-Firmen in den USA alle politischen Aufträge aus dem Ausland offenlegen müssen, lässt sich nachvollziehen, dass das Königshaus dort seine Ausgaben für Lobbyarbeit 2017 im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht hat: US-Medienberichten zufolge ließen sich die Saudis ihren guten Ruf in Washington fast 27 Millionen Dollar kosten. Die PR-Firmen kontaktierten für ihre Auftraggeber Regierungsvertreter, Abgeordnete und Journalisten. Einige der Abgeordneten und Senatoren erhielten von den Lobbyisten sogar Geld für ihre Wahlkämpfe. Für die verstärkten Bemühungen der Saudis im Jahr 2017 gibt es zwei mögliche Erklärungen: Zum einen hoffte man in Riad offenbar auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump, der tatsächlich seine erste Auslandsreise nach Saudi-Arabien unternahm. Zum anderen ernannte der saudische König im selben Jahr Mohammed bin Salman zum Kronprinzen, der sich dann international als Reformer zu präsentieren versuchte.

"WMP bietet Zugang zum Kanzleramt"

Auch in Deutschland suchten Lobbyisten im Auftrag der Regierung in Riad den Kontakt zu Regierungsvertretern und Journalisten. In einem Strategiepapier, aus dem nun die „Bild am Sonntag“ zitierte und das offenbar für die saudischen Kunden bestimmt war, betonte die PR-Firma ausdrücklich, wie gut ihre Regierungskontakte seien. „WMP bietet Zugang zum Kanzleramt, dem außen- und sicherheitspolitischen Berater und dem leitenden Wirtschaftsberater sowie zu den Bildungs- und Kultusministerien der 16 Bundesländer“, heißt es in dem Papier. Das Kanzleramt bestätigte der Zeitung, es habe „seit 2016 gelegentlich Treffen zwischen Vertretern des Bundeskanzleramts und Personen gegeben, die auch für WMP arbeiten“. Dabei seien „unterschiedliche Themen“ angesprochen worden. Auf Vermittlung von WMP-Chef Michael Inacker kam im Mai dieses Jahres ein Gespräch zwischen dem Chef des Bundespräsidialamts, Stephan Steinlein, und einem saudischen Berater zustande.

Außerdem heben die Lobbyisten in dem Strategiepapier ihre Kontakte zu deutschen Journalisten lobend hervor. Tatsächlich übernahm das Unternehmen zunächst offenbar die Pressekontakte für die Botschaft. So war WMP-Chef Inacker bei einem Tagesspiegel-Interview mit dem saudischen Botschafter 2016 dabei, auch die Autorisierung lief über die PR-Firma.

Die Lobbyisten behaupten in ihrer Werbebroschüre für die Kunden auch, durch ihre Arbeit seien in mindestens einem Fall „positive Artikel“ über Saudi-Arabien erschienen. Vertreter mehrerer Verlage wiesen das zurück.

Mehrere US-Firmen kündigten Verträge mit Riad - wegen Khashoggi

Nach dem Mord an Khashoggi kündigten in den USA mehrere PR-Firmen ihre Verträge mit Saudi-Arabien, andere hielten dagegen an der Zusammenarbeit fest. Und was machen nun die deutschen Lobbyisten der Saudis? Inacker sagte der „BamS“, die Ermordung Khashoggis sei ein Verbrechen, das aufgeklärt werden müsse. WMP arbeite allerdings weiter für das saudische Königshaus.

Dass das Unternehmen offenbar auch langfristig auf die Zusammenarbeit mit Riad setzt, zeigt eine neue Personalie: Anfang November stellte WMP Eurocom einen Experten für die Region als Senior Advisor ein. Bis Juli dieses Jahres war Dieter Haller noch deutscher Botschafter – in Saudi-Arabien.

Update, 26.11.2018: Die Firma WMP Eurocom will nun doch nicht mehr für Saudi-Arabien arbeiten: "Wir werden das Mandat mit sofortiger Wirkung beenden", sagte WMP-Chef Inacker im Meedia-Interview.

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