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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) landen in Kanada.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Scholz und Habeck zu Besuch in Montréal: Flüssiggas aus Kanada im großen Stil erst in einigen Jahren verfügbar

Deutschland sucht nach Alternativen zum russischen Gas. Eine davon ist Kanada. Der Import ist jedoch schwierig.

Wegen des möglichen Versiegens der Gaseinfuhren aus Russland sucht Deutschland nach Alternativen. Eine davon: Kanada. Das Land ist einer der größten Erdgasproduzenten weltweit und darüber hinaus ein wichtiger Verbündeter und enger Partner Deutschlands und der EU. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind mit einer Wirtschaftsdelegation nach Kanada gereist, um die Möglichkeiten auszuloten.

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Bei ihrer Reise werden Scholz und Habeck von einer Delegation von Wirtschaftsvertretern begleitet. Gemeinsam mit Trudeau sind bis Dienstag Besuche in Montréal, Toronto und Stephenville, einer Küstenstadt in Neufundland, geplant. Im Mittelpunkt der Reise steht die bilaterale Zusammenarbeit im Klima- und Energiebereich. Konkret ist die Unterzeichnung eines Abkommens zur Zusammenarbeit beim Thema Wasserstoff geplant. Zudem steht das Thema Flüssiggas (LNG) auf dem Programm. Der Import von kanadischem Gas ist jedoch schwierig.

Russland oder auch der wichtige Gas-Produzent Algerien haben den Vorteil, als Nachbarn der EU Gas per Pipeline liefern zu können. Eine Leitung durch den Atlantik ist hingegen nicht machbar, Einfuhren aus Kanada wie auch aus den USA sind daher nur in flüssiger Form, auf Tankschiffen möglich - sogenanntes LNG (Liquefied Natural Gas).

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Das Problem ist nicht neu und betrifft genauso auch potenzielle Gasimporte aus dem arabischen Raum wie aus Katar. In Deutschland und anderen europäischen Ländern wird deshalb seit einiger Zeit mit Hochdruck am Bau von LNG-Terminals zum Entladen von Gastankern gearbeitet. An der deutschen Nordseeküste sollen die ersten noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Allerdings fehlen im Fall von Kanada auch die Terminals, um die Tanker überhaupt zu beladen.

In Kanada konzentriert sich die Erdgas-Produktion auf die westlichen Provinzen British Columbia, Alberta und Saskatchewan. Dort gibt es auch Export-Möglichkeiten, die allerdings auf den asiatischen Markt ausgerichtet sind. Über Pipelines wird Gas innerhalb von Kanada gleichzeitig in den Osten und in die USA geleitet - von dort bislang jedoch nicht im großen Stil weiter exportiert.

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Denn Bau-Projekte für Export-Terminals an der kanadischen Ostküste kamen in den vergangenen Jahren nur schleppend voran und wurden zeitweise sogar eingefroren. Mit Russlands Einmarsch in die Ukraine und steigender Nachfrage in Europa erhielten sie aber neuen Aufwind. Die Regierung in Ottawa hat Unterstützung in Aussicht gestellt und verweist explizit auf Europas Abhängigkeit von russischem Gas.

Zwei mögliche Standorte für LNG-Exportterminals

Reibungslos und zeitnah kündigt sich der Ausbau der LNG-Infrastruktur aber nicht an. Im Fokus stehen zwei mögliche Standorte für LNG-Exportterminals in New Brunswick und Nova Scotia. In beiden Fällen könnte aber frühestens in einigen Jahren Gas in Richtung Europa verschifft werden.

Zudem ist das Thema für die Regierung von Premier Justin Trudeau innenpolitisch problematisch. Ottawa hat selbst ehrgeizige Klimaziele formuliert - neue Anlagen für fossile Brennstoffe kommen da ungelegen. Wegen des jahrelangen Widerstandes in der Bevölkerung gegen die Erschließung von Schiefergasvorkommen gibt es ohnehin seit Jahren eine organisierte Protestbewegung.

Hinzu kommen Konflikte mit indigenen Gruppen. Gas-Anlagen und Pipelines verlaufen häufig durch ihre Gebiete. In Westkanada kommt es deshalb häufig zu Protesten, die in der Vergangenheit teils auch in Gewalt umschlugen. Die Leitungen gen Osten müssten nun zumindest ausgebaut werden und auch beim Bau neuer Terminals drohen Konflikte mit den Ureinwohnern.

Ottawa verweist auf das Potenzial, Gasinfrastruktur künftig für Wasserstoff zu nutzen. Um diese Zukunftstechnologie geht es auch bei Scholz' und Habecks Reise. Sie besuchen Stephenville in Neufundland, wo ein Unternehmen eine Windenergieanlage zur Produktion von Wasserstoff plant.

Deutsche Wirtschaft hofft auf schnelle Zusammenarbeit mit Kanada

Die deutsche Wirtschaft drängt derweil zu schnellen Abkommen mit dem nordamerikanischen Land. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) hoffe darauf, dass der Kanada-Besuch den Druck auf die Regierungskoalition in Deutschland noch einmal erhöhe, das deutsch-kanadische Handelsabkommen CETA im Bundestag endlich zu ratifizieren, sagte Verbandspräsident Dirk Jandura der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe).

Vor allem müsse die Zusammenarbeit bei der Energieversorgung und bei der Versorgung der deutschen Wirtschaft mit sogenannten seltenen Erden verstärkt werden, betonte Jandura. Kanada könne zudem durch eine Beschleunigung der Fertigstellung seiner Exportanlagen für Flüssiggas (LNG) dazu beitragen, „die europäische Wirtschaft am Laufen und die Haushalte warm zu halten“, sagte der BGA-Präsident.

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Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betonte, der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sei nicht allein auf nationaler Ebene möglich. Deutschland und Europa seien daher auf den Import von Wasserstoff angewiesen sein. „Umso wichtiger ist es, frühzeitig verlässliche internationale Partnerschaften zu schließen“, sagte Kerstin Andreae, die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, der „Rheinischen Post“.

Neben einer möglichen künftigen Zusammenarbeit beim Wasserstoff sei Kanada aber schon heute ein verlässlicher Lieferant von Rohstoffen für die Energiewende, erklärte Andreae. Dies gelte etwa für Edelmetalle, Titan, Nickel, Kobalt, Graphit und Aluminium. Hier gebe es großes „Potenzial für weitere Steigerungen“, betonte sie. (AFP)

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