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Politik: Schröders Pläne zur Nato-Reform finden wenig Zustimmung Rot-Grün spricht von „Informationsdesaster“ Struck: Kanzler will das Bündnis nicht abschaffen

München - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist mit seinem Vorschlag zu einer Reform der transatlantischen Beziehungen bei der 41. Sicherheitskonferenz in München auf Skepsis gestoßen.

München - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist mit seinem Vorschlag zu einer Reform der transatlantischen Beziehungen bei der 41. Sicherheitskonferenz in München auf Skepsis gestoßen. Schröders Bewertung, die Nato sei „nicht mehr der primäre Ort“ transatlantischer Konsultationen und Koordinierung, sowie sein Vorschlag, eine Kommission zur Reform der Allianz einzusetzen, lösten Verwunderung und Widerspruch aus.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) trug an Stelle des erkrankten Kanzlers am Sonnabend die Rede vor, in der Schröder ein hochkarätig besetztes Forum vorschlägt, das bis 2006 Ideen für eine neue Organisationsform der transatlantischen Zusammenarbeit erarbeiten soll. Die Form des Dialoges zwischen EU und Amerika entspreche nicht mehr dem wachsenden Gewicht Europas. Schröder hofft, dass der Besuch von US-Präsident George W. Bush am 22. Februar in Brüssel neue Impulse geben wird.

Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer reagierte mit der Empfehlung: „Wer unglücklich über mangelnde Konsultationen ist, soll die vorhandenen Möglichkeiten im Bündnis besser nutzen.“ US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, „die Nato ist quicklebendig. Sie bleibt das entscheidende Militärbündnis der Welt und die erfolgreichste Allianz in der Geschichte der Menschheit“.

Im Plenum verteidigte nur der SPD-Abgeordnete Markus Meckel die Kanzlerrede. Schröder habe eine „zutreffende Beschreibung“ der Allianz abgegeben. Andere Koalitionsabgeordnete nannten es unglücklich, dass der Kanzler krank sei, und Struck sich offenbar nicht berechtigt fühlte, die Zielrichtung auf zahlreiche Fragen hin zu interpretieren. Der Verteidigungsminister stellte aber klar, dem Kanzler gehe es nicht um eine „Beerdigung“ der Nato. Ziel sei es vielmehr, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen EU und Nato zu verbessern.

Mitglieder der Bundesministerien sowie der rot-grünen Koalition räumten ein, vom Inhalt der Rede überrascht worden zu sein. Mehrere sprachen von einem „Informationsdesaster“. Oppositionspolitiker kritisierten die „schlechte Vorbereitung“ des Vorstoßes. CDU-Chefin Angela Merkel betonte, „die Nato muss der Ort der Konsultation bleiben“. Eckart von Klaeden (CDU) sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Dieser Ablauf war schädlich. Die Amerikaner erwarteten eine Antwort auf die Charmeoffensive der US-Außenministerin Rice. Jetzt haben einige Schröder so verstanden, als wolle er die Nato abschaffen“. Werner Hoyer (FDP) kritisierte, die Bundesregierung „darf die Zukunft der Nato nicht einem Beratergremium überlassen, sondern muss selbst wissen, was sie vom Bündnis erwartet“.

Gernot Erler, Vizechef der SPD-Fraktion, sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, es sei „unbestreitbar, dass die Nato im Irakstreit nicht der primäre Ort der Konsultation“ gewesen sei. Er verteidigte die Idee, eine hochrangige Kommission zur Reform der Allianz: „Wer sich nicht wandelt, verliert an Boden“. Die Kommission könne aus früheren Nato- Generalsekretären bestehen. Christoph Bertram, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, die die Bundesregierung berät, lobte den Kanzlerplan, ein Gremium einzusetzen, das Vorschläge zur Verbesserung der transatlantischen Debatte macht. „Das ist sinnvoller als die Wiederholung ewiger Treueschwüre.“

Struck kündigte in München die deutsche Bereitschaft an, sich an einem Nato- Einsatz in Nahost zu beteiligen. Er sagte, bei einer entsprechenden Anfrage von Israelis und Palästinensern würde die Allianz „selbstverständlich“ ihre Verantwortung wahrnehmen.

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