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Aufräumen bei der CDU in Nordrhein-Westfalen.

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Nordrhein-Westfalen: Schwarze Gedanken, rot-grüne Eile

In Nordrhein-Westfalen braucht die CDU einen neuen Chef. Wer das wird, steht an Tag 1 nach dem Wahldebakel noch nicht fest. SPD und Grüne wollen derweil rasch einen Koalitionsvertrag schließen.

Am Morgen danach ist nichts besser, es ist eher noch schlimmer geworden. Nachdem sich die führenden Christdemokraten die Details der Wahlkreisresultate in Nordrhein-Westfalen genau angesehen hatten, wurde auch dem letzten Parteigänger klar, was sich da am Vortag ereignet hatte. „Das war die bitterste, die schwerste Niederlage, die die nordrhein-westfälische CDU in ihrer gesamten Geschichte kassiert hat“, presst Generalsekretär Oliver Wittke anschließend hervor. Sie musste in vielen Orten zweistellige Verluste verbuchen und, was die Sache noch problematischer macht, selbst in den einstigen Hochburgen wie dem Sauerland oder dem Münsterland ist sie dramatisch abgerutscht.

In den Städten kennt die CDU diesen Effekt seit Jahren, aber jetzt reichen die Ergebnisse auf dem Land nicht mehr, die katastrophalen Werte in den Ballungsräumen auszugleichen. In der Metropole zwischen Köln und dem Ruhrgebiet liegt die Union zum Teil deutlich unter 20 Prozent, in der Landeshauptstadt Düsseldorf sind alle vier Wahlkreise zur SPD gekippt, auch dieses Ergebnis kommt einem Erdrutsch gleich. Das Resultat ist so erschreckend, dass selbst jene, die sonst rasch die Gründe nennen, erst einmal schweigen. Intern appellieren alle Verantwortlichen fast verzweifelt, jetzt Ruhe zu bewahren und vor allem nicht aufeinander einzuschlagen.

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Aber so ganz will das natürlich nicht gelingen. Hinter den Kulissen ziehen längst Westfalen und Rheinländer getrennt die Strippen, so wie es traditionell schlechte Übung in der nordrhein-westfälischen CDU ist. „Wir müssen aufpassen, dass die alten Gräben nicht wieder aufbrechen“, sagt einer aus dem Führungskreis, der die alten Zeiten durchlitten hat. Ob dies der Union gelingen wird, ist nicht ausgemacht. Wittke etwa will sich zu Personalfragen eigentlich nicht äußern, kann sich aber einen Nachsatz nicht verkneifen: „Wir dürfen nur nicht alleine auf Integrationspolitik setzen.“ Das kann als Spitze gegen Vizefraktionschef Armin Laschet gewertet werden, der einst unter Jürgen Rüttgers Integrationsminister war und später bei der Entscheidung um den Parteivorsitz gegen Norbert Röttgen den Kürzeren zog. Daher fügt Wittke noch einiges zur Energiepolitik an und hält ein Plädoyer für die Wirtschaftspolitik. Er beklagt einmal mehr, dass sich diese Frage seit dem Rückzug von Friedrich Merz immer dringender stellt, vor allem übrigens auf Bundesebene; so viel Selbstbewusstsein leistet sich Wittke auch nach dem Einbruch auf 26 Prozent im bevölkerungsreichsten Bundesland.

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Ob er selbst im Amt bleibt, mag er nicht sagen, er verweist kühl auf die Satzung. Die sieht vor, dass der neue Parteichef den Generalsekretär seines Vertrauens vorschlägt. Das wird im Juni sein. Die entscheidende Frage ist noch offen: Wird neben Laschet, der längst in den Startlöchern steht, auch Fraktionschef Karl Josef Laumann seinen Hut in den Ring werfen? In Düsseldorf geistert noch ein dritter Name durch die Arena: Hermann Gröhe, der Generalsekretär der Bundes-CDU.

Solche Gedankenspiele müssen sich Sozialdemokraten und Grüne nicht machen. Aus beiden Parteien kommen eindeutige Signale, die Koalitionsgespräche in Rekordzeit abzuschließen und dann so schnell wie möglich den gescheiterten Haushalt noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Rote und Grüne beschwören die bisher gute „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, so sehr, dass niemandem verborgen bleibt, wie sehr es unter der Oberfläche brodelt. „Ziehen die das jetzt wieder durch und rühren Beton an?“ Das fragen sich Grüne hinter vorgehaltener Hand. Norbert Römer, der bisherige SPD-Fraktionschef, bemüht sich, jeden Zweifel zu zerstreuen, und verzichtet auf Demonstrationen der Macht. Der grüne Fraktionschef Reiner Priggen versucht ebenfalls, jede Spekulation im Keim zu ersticken, und legt fest: „Unsere drei Kabinettsposten sind nicht verhandelbar.“

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