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Libanon: Schwere Explosion erschüttert Beirut

Blutige Kämpfe haben am Montag im Libanon laut Augenzeugen mindestens 50 Menschenleben gefordert; am Abend wurde darüber hinaus von einer schweren Explosion in Beirut berichtet.

Tripoli/Beirut - Im Libanon ist die Gewalt weiter eskaliert. Am Montagabend wurde ein überwiegend von Muslimen bewohnter Stadtteil der Hauptstadt Beirut von einer schweren Explosion erschüttert. Zuvor waren bei heftigen Gefechten zwischen der Armee und mutmaßlichen islamischen Radikalen in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Nord-Libanon erneut Dutzende von Menschen ums Leben gekommen. Bei den Kämpfen starben nach Angaben aus Sicherheitskreisen am Montag mindestens 20 Menschen. Augenzeugen berichteten aus dem abgeriegelten Lager Nahr al-Bared bei Tripoli von mindestens 50 Toten, unter den Trümmern lägen weitere Opfer, zahlreiche Schwerverletzte würden voraussichtlich sterben, sollten sie keine sofortige medizinische Behandlung bekommen. Die EU-Präsidentschaft verurteilte die Angriffe auf die libanesischen Sicherheitskräfte auf das Schärfste.

In ihrer Erklärung bekräftigte die EU ihre Unterstützung für die Regierung des libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora. Die Konfliktparteien wurden aufgerufen, "sich der Gewalt entgegenzustellen und alles zu unternehmen, um eine Eskalation der Lage zu verhindern". Auch das Weiße Haus forderte ein sofortiges Ende der Gewalt im Libanon. Die US-Regierung bezeichnete den Militäreinsatz der libanesischen Armee im Flüchtlingslager als gerechtfertigt. Die Armee bewege sich im Rahmen der Gesetze und wolle Sicherheit für alle Libanesen schaffen, sagte Außenamtssprecher Sean McCormack in Washington. Die Reaktion der libanesischen Armee sei "bewundernswert". Die Mitglieder der Palästinensergruppe sind nach den Worten von McCormack nicht unbedeutende Kriminelle, sondern "gestählte und gewaltbereite Extremisten".

Sprengsatz detoniert vor Einkaufszentrum

Eine schwere Explosion erschütterte am Montagabend den überwiegend von Muslimen bewohnten Stadtteil Verdun in Beirut. Der Sprengsatz detonierte in unmittelbarer Nähe eines Luxus-Einkaufszentrums, teilte die Polizei mit. Bei der Explosion wurden zahlreiche Menschen verletzt. Die Rettungsarbeiten dauerten am Abend an. Erst am Sonntagabend war im überwiegend von Christen bewohnten Stadtteil Aschrafije ein Sprengsatz in der Nähe eines Einkaufszentrums detoniert. Dabei starb ein Mensch, zwölf Personen wurden verletzt.

Das UN-Flüchtlingshilfwerk UNRWA zeigte sich tief besorgt über die Lage für die rund 40.000 Menschen in dem Flüchtlingslager. Nahr al-Bared lag den ganzen Tag unter Dauerbeschuss der Armee. Augenzeugen berichteten, Hunderte von Soldaten mit Panzern hätten das Gebiet umstellt. Aus dem Lager stiegen immer wieder Flammen und dichter Rauch auf. Insgesamt stieg die Opferzahl der Gefechte auf mindestens 70, nachdem am Sonntag nach Behördenangaben über 50 Menschen ums Leben gekommen waren.

Zahlreiche Zivilisten unter den Opfern

Aus Armeekreisen hieß es, die radikal-islamische Organisation Fatah al-Islam sei mit etwa 150 Kämpfern in dem Lager vertreten. Unter den Opfern sind zahlreiche Zivilisten. Am Vortag war bei den Gefechten am Eingang des Lagers auch der Bruder des in Berlin einsitzenden mutmaßlichen "Kofferbombers" von Köln getötet worden.

Die Armee geht seit Sonntag gegen Mitglieder der radikalen Sunniten-Gruppe in dem seit 1949 bestehenden Lager vor, der Kontakte zur syrischen Führung und zum Terrornetzwerk El Kaida nachgesagt werden. Nach einer 38 Jahre alten Abmachung ist der Armee der Zutritt zum Lager selbst verboten. Die Kämpfe am Eingang waren ausgebrochen, nachdem es zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten und Angehörigen der Gruppe gekommen war, die eine Bank ausgeraubt haben sollen.

Sunniten heißen Armeeaktionen gut

In Tripoli leben vorwiegend Sunniten. Mehrere sunnitische Politiker und Geistliche bekräftigten am Montag ihre Unterstützung für das Vorgehen der Armee. Auch Hunderte von Libanesen drückten auf den Straßen von Tripoli ihre Zufriedenheit mit dem harten Kurs der Armee gegen die Islamisten aus.

Die Palästinenser in dem umkämpften Lager erklärten per Telefon, die humanitäre Lage in Nahr al-Bared verschlechtere sich stündlich. Verletzte erhielten keine ausreichende Hilfe. Auch Nahrungsmittel würden langsam knapp.

Der Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) im Libanon, Abbas Saki, sagte, er wolle nicht, dass die zwölf palästinensischen Flüchtlingslager "der Funke sind, der einen Bürgerkrieg entbrennen lässt". Der Kommandeur der libanesischen Polizei, General Aschraf Rifi, hatte am Sonntag erklärt, die syrische Führung stecke hinter der Gewalt im Norden des Libanon. Sie versuche, das Land zu destabilisieren und es dabei so aussehen zu lassen, als steckten Al-Qaida-Terroristen dahinter. (tso/dpa)

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