
© REUTERS/ANNEGRET HILSE
Zweidrittelmehrheit erreicht: Bundestag stimmt für das Schuldenpaket
Am Dienstagnachmittag stimmt der Bundestag über die Milliardenpläne von Union und SPD ab. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schuldenpaket.
Stand:
Es ist der Tag der Wahrheit – in einer Woche, die womöglich über Friedrich Merz‘ (CDU) Kanzlerschaft entscheidet. Am Dienstagnachmittag hat der Bundestag dem hunderte Milliarden Euro schweren Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur zugestimmt.
Bei der Abstimmung am Dienstag erreichten die von Union, SPD und Grünen vereinbarten Änderungen des Grundgesetzes die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Für das Votum war der Bundestag nochmals in seiner alten Zusammensetzung zusammengekommen.
Da das Vorhaben einer Änderung des Grundgesetzes bedarf, brauchte es im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit. Dieselbe Mehrheit muss am Freitag allerdings auch im Bundesrat zustande kommen. Wie hat der Bundestag genau abgestimmt? Und worauf muss man in dieser Woche sonst noch achten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Ergebnisse der Abstimmung im Bundestag
Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit verabschiedete das Parlament am Dienstag in Berlin eine Grundgesetzänderung, nach der Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit ab einer bestimmten Höhe von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Beschlossen wurde auch ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für Infrastrukturausgaben. Zudem wird die bislang strenge Schuldenregel für die Bundesländer gelockert.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Schuldenpaket: Worum geht es?
Im Grund vor allem um eines, um sehr viel Geld. Und damit auch um Friedrich Merz. Denn dieser hat in den vergangenen Wochen eine erstaunliche Kehrtwende hingelegt. Dieser hatte im Wahlkampf eine Reform der Schuldenbremse noch mehr oder weniger kategorisch ausgeschlossen.
Nach der Wahl, ersten Sondierungen mit der SPD zog er dann aber ein gigantisches Paket aus der Schublade: die Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben und Investitionen der Länder sowie ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die marode Infrastruktur.
Insgesamt könnte das Paket auf mehr als eine Billion Euro anwachsen. Eine historische Summe – und gänzlich schuldenfinanziert. Im Detail müssten dafür drei Punkte des Grundgesetzes geändert werden.
Welche Punkte im Grundgesetz müssten geändert werden?
Erstens sollen Ausgaben für die Verteidigung nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) unter die Schuldenbremse fallen – also ab etwa 44 Milliarden Euro.
Zweitens sollen die Länder mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen: Zusammen sollen sie künftig Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen dürfen.
Und drittens soll im Grundgesetz ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und, auf Betreiben der Grünen, Klimaneutralität verankert werden – vorbei an der Schuldenbremse.
Diese Investitionen dürfen zudem ausschließlich für zusätzliche Projekte erfolgen, also nicht, um bereits bestehende Ausgabe querzufinanzieren. Darauf hatten die Grünen gepocht, die Union und SPD vorgeworfen hatten, neue Schulden für die Finanzierung von Wahlversprechen nutzen zu wollen, etwa der Mütterrente.
Ebenfalls konnten die Grünen durchsetzen, dass der Begriff der Verteidigungsausgaben weiter gefasst wurde und nun auch Ausgaben für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie die Nachrichtendienste beinhaltet.
Mehr Politik sehen Sie hier
Wo kann man die Bundestagssitzung verfolgen?
Wie jede Bundestagssitzung wird auch diese live auf der Website des Parlaments gestreamt. Eindrücke aus dem Bundestag und neueste Abstimmungsergebnisse können Sie auch in unserem Newsblog nachlesen.
Welche Positionen vertreten Merz, Klingbeil und Co.?
Friedrich Merz hat die geplanten Milliardenschulden bei seiner Bundestagsrede mit Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato verteidigt. „Es ist ein Krieg auch gegen unser Land, der täglich stattfindet“, sagte der mutmaßliche nächste Kanzler mit Blick auf Russland. Er kündigte Sparmaßnahmen und einen Rückbau der Bürokratie an. Harte Anwürfe kamen aus den Reihen der AfD, der FDP, des BSW und der Linken.
SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürgerinnen und Bürger. „Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten.“ Auch er pochte auf Reformen. Geld alleine könne die Herausforderungen, vor denen das Land stehe, nicht lösen. „Wir müssen überall effizienter, zielgenauer und professioneller werden.“ Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte: „Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden.“
Scharfe Kritik kam von mehreren Seiten. FDP-Fraktionschef Christian Dürr. „Viel Geld, keine Reformen. Das wird Ihre Kanzlerschaft kennzeichnen“, sagte Dürr Merz voraus. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla warf Merz vor, nicht nur kein Rückgrat zu haben, sondern inzwischen „komplett wirbellos“ zu sein. „Hier soll planlos die Staatsverschuldung in den Himmel getrieben werden“, bemängelte er. Linke-Fraktionschefs Sören Pellmann sprach von einem „monströsen Manöver“ und warf Merz Schamlosigkeit vor.
Schuldenpaket: Warum wird ausgerechnet jetzt abgestimmt?
Weil jetzt womöglich die letzte Möglichkeit ist, ein derart weit reichendes Vorhaben durch das Parlament zu bringen. Denn im neuen Bundestag, der sich am 25. März konstituiert, verfügen AfD und Linke gemeinsam über eine sogenannte Sperrminorität. Das heißt, dass ohne ihre Zustimmung keine Zweidrittelmehrheit zustande kommen kann.
Beide Parteien stehen dem Vorhaben zumindest in weiten Teilen kritisch gegenüber und hatten zuletzt gegen die Abstimmung im alten Bundestag geklagt, aber nicht recht bekommen. Und auch darüber hinaus wäre es besonders für die Union schwierig, mit Linken und AfD einen gemeinsamen Kompromiss zu finden.
Schließlich verfügt die CDU in ihrer Satzung über einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber beiden, was bedeutet, dass sie eine politische Zusammenarbeit mit AfD und Linken für sich ausgeschlossen hat.
Eine Einigung wäre also schmerzhaft für die Union. Sofern sie überhaupt möglich wäre.
Woran könnte das Vorhaben noch scheitern?
Hier liegt die Gefahr des Vorgehens von Union und SPD, mit dem alten Bundestag abzustimmen. Das bedeutet nämlich auch, dass es in allein Fraktionen eine ganze Reihe von Abgeordneten gibt, die dem nächsten Parlament nicht mehr angehören. Und damit wenig zu verlieren hätten, sollten sie sich dazu entscheiden, gegen die Linie ihrer Fraktionen zu stimmen – oder der Sitzung fernzubleiben.
Denn trotz der zu erwartenden Zustimmung der Grünen ist die Sache äußerst knapp: Nur 31 Abgeordnete der beteiligten Fraktionen dürften sich querstellen, um die benötigte Mehrheit zu erreichen.
Deshalb führten die Fraktionsspitzen beider Parteien am Montag viele Gespräche, um mögliche Abweichler noch umzustimmen – und zeigten sich optimistisch.
Gibt es weitere Gefahren nach der Abstimmung?
Auch wenn das Milliardenpaket den Bundestag passiert, könnte es noch am Bundesrat scheitern, der am kommenden Freitagmorgen ab 9.30 Uhr tagt.
Dieser hat 69 Sitze, für eine Zweidrittelmehrheit sind also 46 Stimmen notwendig. Die Landesregierungen, an denen ausschließlich CDU, SPD oder Grüne beteiligt sind, kommen zusammen jedoch nur auf 41 Stimmen. Es braucht also mindestens noch ein weiteres Land.
Dabei fällt der Blick vor allem auf Bayern. Dieses verfügt über sechs Stimmen, womit die Mehrheit gesichert wäre. In München hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) allerdings ein Problem. Obwohl er das Paket mitverhandelt hat, stellt sich sein Koalitionspartner quer: Die Freien Wähler (FW) unter Hubert Aiwanger lehnten das Vorhaben bisher kategorisch ab.
Zumindest bis Montagabend, 18.30 Uhr. Um zu verhindern, dass Bayern sich bei der Abstimmung am Freitag enthalten muss, hatten Vertreter von CSU und FW einen Krisengipfel einberufen. Das Ziel: Aiwanger zu überzeugen.
Offenbar mit Erfolg. Am Montagabend hieß es, Bayern werde im Bundesrat der Grundgesetzänderung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket zustimmen. Darauf habe man sich im Verlauf der Sitzung geeinigt, sagte der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU).
Dass die Landesregierungen mit Beteiligung von Linken, FDP oder BSW zu einer einheitlichen Linie finden, gilt hingegen als unwahrscheinlich. Es kommt also darauf an, dass der Frieden in München auch bis Freitag hält. (mit Agenturen)
- AfD
- Boris Pistorius
- Bundesrat
- Bundesverfassungsgericht
- CDU
- CSU
- Deutscher Bundestag
- Die Grünen
- FDP
- Freie Wähler
- Friedrich Merz
- Lars Klingbeil
- Rente
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false