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Bundeswehr: "Skandalöse Arbeitsbedingungen"

Schlecht vorbereitete Einsätze, verschimmelte Stuben und WCs, die man nur mit Gummistiefeln betreten kann: Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe fällt alles andere als positiv aus. Der "Frust in der Truppe" ist für ihn nur logisch.

Berlin - Robbe kritisierte die Arbeitsbedingungen der deutschen Soldaten als "skandalös". Die Bundeswehr-Angehörigen müssten in den alten Bundesländern in Unterkünften leben, "die untragbar sind", sagte er bei der Vorstellung seines Jahresberichts. Die Zahl der Eingaben ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: Kamen im Jahr 2001 noch 1,6 Eingaben auf 100 Soldaten, waren es 2006 schon 2,37. Die Zahl der bearbeiteten Vorgänge lag im vergangenen Jahr bei 5727. Davon betrafen 2057 Menschenführung, Wehrrecht und soldatische Ordnung, 1662 Personalangelegenheiten und 487 personelle Fragen der Wehrpflichtigen.

Robbe bezeichnete den Zustand der Kasernen im Westen als "desolat". So habe er bei einem unangemeldeten Truppenbesuch Schimmelbefall in Kellern und Stuben, einsturzgefährdete Decken sowie Sanitärräume vorgefunden, "die man nur in Gummistiefeln betreten kann". Robbe monierte zudem, der viel zitierte "Frust in der Truppe" resultiere daraus, dass schon seit vielen Jahren bestehende Mängel nach Auffassung der Soldaten nicht oder nicht ausreichend zur Kenntnis genommen würden. Stattdessen würden die Probleme schön geredet.

Zur ärztlichen Versorgung der Truppe heißt es in dem Bericht, infolge der Auslandseinsätze hätten in den Bundeswehr-Krankenhäusern Operationssäle wegen fehlenden Personals vorübergehend geschlossen werden müssen. Das Personal arbeite zum Teil 70 bis 80 Stunden wöchentlich. Zudem fehlten Truppenärzte, die durch zivile Vertragsärzte nur unzureichend ersetzt würden.

Auslandseinsätze unter schwierigen Verhältnissen

Der Einsatz deutscher Soldaten bei der Sicherung der Wahlen im Kongo sei zwar erfolgreich gewesen, sagte Robbe. Doch die Zustände in den Lagern verheerend: Zelte seien undicht gewesen und hätten Schimmel angesetzt. Die Fäkaliengrube sei übergelaufen, der Inhalt habe sich teilweise in die Zelte ergossen. "Solche Verhältnisse sind unzumutbar, gerade weil sie vermeidbar gewesen wären."

Trotz der sich verschärfenden Bedrohungslage für die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan mangelt es ihnen nach Angaben des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe sowohl an geschützten Fahrzeugen als auch an Waffen und Munition. Es gebe einen dauerhaften Mangel an geschützten Fahrzeugen, die zum Teil auch wegen fehlender Ersatzteile wochenlang nicht zur Verfügung stünden. Ferner verfügten die Soldaten zum Teil erst mit erheblicher Verspätung über von ihnen persönlich "eingeschossene und damit auch tatsächlich beherrschte Handwaffen". So habe ein Scharfschütze in Feisabad erst drei Monate nach seiner Verlegung in das Einsatzland die Möglichkeit gehabt, sein Spezialgewehr einzuschießen. Der Einsatz der Soldaten dauert in der Regel vier Monate. Bei der Ausgabe von Munition habe es oftmals Engpässe gegeben.

Allgemein kritisierte Robbe die Unterfinanzierung der Bundeswehr trotz immer neuer Belastungen. Robbe forderte zudem eine angemessene Erhöhung des Soldes für die Wehrpflichtigen. Dadurch würde den Rekruten Anerkennung für ihre Arbeit gezollt. Zuvor hatte sich bereits Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) für eine Solderhöhung ab 2008 ausgesprochen. "Wir werden das bei den Haushaltsberatungen im Herbst als Argument einbringen, um den Verteidigungshaushalt zu erhöhen", sagte ein Sprecher des Ministers der "Neuen Presse". Eine konkrete Zahl nannte er nicht.

Enttäuschung nach der Fußball-WM

Kein gutes Haar ließ der Wehrbeauftragte auch an dem Weltfußballverband Fifa und dessen Präsidenten Sepp Blatter. Nach dem Einsatz von mehreren tausend Bundeswehrsoldaten als Sanitäter der Fußball-WM hätte er durchaus ein Wort des Dankes erwartet, sagte Robbe. Die Bundesregierung, Landesregierungen und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hätten den Helfern in Uniform nachdrücklich für ihren Einsatz gelobt. "Der eigentliche Veranstalter der Fußball-WM, die Fifa, sah sich aber nicht veranlasst, ein deutliches Zeichen der Anerkennung zu senden." Der Einsatz sei offenbar als Selbstverständlichkeit hingenommen worden. Ein Dank des Fifa-Präsidenten wäre angemessen gewesen, meinte der Wehrbeauftragte. (tso/dpa/ddp/AFP)

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