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Blick in das leere Plenum des Deutschen Bundestages

© IMAGO//Thomas Trutschel

Update

Sondervermögen und Schuldenbremsen-Reform: Bundestag will am 18. März abstimmen

Erste Lesung für das schwarz-rote Finanzpaket am 13. März. Zweidrittelmehrheit hängt an den Grünen, die der CSU „Mackergehabe“ und „Sprücheklopferei“ vorwerfen.

Nach dem Vorschlag eines 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens für Infrastruktur und einer Lockerung der Schuldenbremse für einen höheren Wehretat ist ungewiss, ob Union und SPD dafür eine Zweidrittelmehrheit finden werden. Nach den Vorstellungen der Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) sowie Saskia Esken und Lars Klingbeil (SPD) sollen Bundestag und Bundesrat diesen Plänen zur Änderung des Grundgesetzes zustimmen.

Geschehen soll dies im bisherigen Bundestag, der bis zu der Konstituierung des jüngst gewählten, neuen Bundestages Ende März voll handlungsfähig ist. Im alten Bundestag kommen SPD, Union und Grüne auf eine Zweidrittelmehrheit, die zur Änderung der Verfassung nötig ist. Im neuen Bundestag hingegen haben AfD und Linke zusammen eine Sperrminorität.

Wer Mehrheiten braucht, sollte sich nicht hinstellen und so tun, als würde alles so gemacht wie gerade vorgeschlagen.

Britta Haßelmann, Grünen-Fraktionschefin

Die Grünen ließen ihre Zustimmung zu den Plänen von Union und SPD offen. Co-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte am Mittwoch, Union und SPD müssten Fragen beantworten. Ihre Kollegin Britta Haßelmann sagte: „Wer Mehrheiten braucht, sollte sich nicht hinstellen und so tun, als würde alles so gemacht wie gerade vorgeschlagen.“

„Ein Sondervermögen ist nicht der ehrlichste Weg“, sagte Dröge. Sie erinnerte daran, dass das Geld irgendwann aufgebraucht und die Planbarkeit daher eingeschränkt sei. Eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse, die Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen würden, sei der bessere Weg, um nicht in ein paar Jahren ein neues Sondervermögen auflegen zu müssen. „Man muss nicht ständig am Grundgesetz rumdoktern.“

Grüne sind sauer auf Söder

Die Grünen fühlen sich bislang zu wenig in die Verhandlungen eingebunden und werfen der Union auch Wählertäuschung vor, weil sie im Wahlkampf eine Reform der Schuldenbremse ausgeschlossen und Wirtschaftsminister Robert Habeck für diesen Vorschlag immer wieder scharf kritisiert hatte.

Besonders das Agieren von CSU-Chef Markus Söder, der beim politischen Aschermittwoch in Passau gegen Vizekanzler Habeck und die Grünen polterte, verurteilten die Grünen: „Was wir gerade von der CSU und insbesondere von Markus Söder hören, widert an“, sagte Haßelmann. Sie warf dem bayerischen Ministerpräsidenten „Mackergehabe“ und „Sprücheklopferei“ vor.

Beratungen im Plenum ab nächster Woche

Am 13. März wird die erste Lesung im Bundestag stattfinden, am 18. März soll der Bundestag abstimmen. So entschied es der Ältestenrat am Donnerstag.

Die Verabschiedung der Pläne von SPD und Union gilt als knifflig: Das Bundesfinanzministerium braucht Zeit, um die Gesetzentwürfe vorzubereiten. CDU, CSU und SPD müssen trotz Verstimmungen die Grünen ins Boot holen. Außerdem wollen SPD und Union vermeiden, das Grundgesetz erst unmittelbar vor der Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages zu ändern.

Das ist eine deutliche Niederlage für die Union gleich zu Beginn der Verhandlungen.

Johannes Winkel, JU-Chef

Der sogenannte Vor-Ältestenrat kam an diesem Donnerstag zusammen, um über die konstituierende Sitzung zu beraten. Im Gespräch ist der 25. März. Geleitet wird das Plenum dann zunächst von Alterspräsident Gregor Gysi (Linke). Vorschlagsrecht für das Amt des Bundestagspräsidenten hat als stärkste Fraktion die Union.

Innerhalb der Union wurde vereinzelt Kritik an den Plänen von Schwarz-Rot laut. „Aus Sicht der jungen Generation ist das ein harter Schlag für Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei Staatsfinanzen, weil die Botschaft ist: lieber bequeme Schulden als unbequeme Reformen“, sagte Johannes Winkel, Vorsitzender der Jungen Union, dem Tagesspiegel. Winkel sprach von einer „deutlichen Niederlage für die Union gleich zu Beginn der Verhandlungen“. Die SPD habe „keine Gegenleistungen“ erbringen müssen. Er forderte: „Die Union muss bei Migration, Wirtschaft, auch bei Rente nun liefern.“

CDU/CSU-Fraktionsvize Jens Spahn verteidigte die Pläne. „Union und SPD haben gestern ein starkes Signal der Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit gesandt. Deutschland führt in Europa mit Friedrich Merz wieder“, sagte er am Mittwoch dem Tagesspiegel: „Die Weltlage und der Krieg in Europa erlauben kein Zögern. Verteidigung und Infrastruktur bilden die Basis für unsere Sicherheit und wirtschaftlichen Aufschwung.“

Aus Spahns Sicht wird die Union jedoch trotzdem weiter auf Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen beharren. „Die Arbeit der nächsten Regierung beginnt damit aber erst, wir werden weitere Reformen anstoßen“, sagte er. „Bürokratie abbauen, irreguläre Migration beenden, den Standort stärken, Energiepreise senken und Leistung belohnen – all das steht dabei im Fokus.“

Es ist ein gutes Zeichen, dass die Union jetzt bereit ist, dringend benötigte Sondervermögen zu schaffen.

Alexander Schweitzer (SPD), rheinland-pfälzischer Ministerpräsident

Aus den Ländern kam Zustimmung. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem kraftvollen Signal für Stabilität in unsicheren Zeiten und einem „Konjunkturbooster“.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) warb für eine Zustimmung von Grünen und FDP im Bundestag. „Jetzt geht es darum, dafür politische Mehrheiten zu organisieren, denn auch im aktuellen Bundestag hat Schwarz-Rot nicht die erforderlichen Stimmen“, sagte Schweitzer dem Tagesspiegel. Er werbe „bei allen Kräften der politischen Mitte darum, diesen staatspolitisch wichtigen Weg mitzugehen“. Es brauche jetzt „verantwortungsvolles Handeln für Sicherheit, Infrastruktur und Zukunftsfähigkeit unseres Landes“.

Die Linke kündigte an, die geplante Verabschiedung des Vorhabens rechtlich zu prüfen. Es müsse sich zeigen, „ob eine solche Abstimmung über mehrere Hundert Milliarden im gerade abgewählten alten Bundestag überhaupt verfassungskonform ist“, erklärte die Parteispitze. Die AfD erwägt rechtliche Schritte.

Unter Verfassungsrechtlern heißt es, eine Abstimmung des bisherigen Bundestages sei rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn Abgeordnete nun ihre Büros räumten und Umzugskisten packten, so sei der 20. Deutsche Bundestag bis zur Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages voll handlungsfähig. Es gibt, verfassungsrechtlich gesprochen, keine „parlamentslose Zeit“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Vereinbarungen. Der Kanzler habe „in der vergangenen Regierung immer wieder dafür gekämpft – ohne Erfolg“, sagte sein Sprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin.

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