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Politik: Sozialabgaben: Lohnnebenkosten belasten Rot-Grün

Die Bundesregierung hat ihr Ziel relativiert, die Lohnnebenkosten bis zur Wahl 2002 unter 40 Prozent zu senken. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sprach am Montag in Berlin nur noch davon, die Koalition werde anstreben, "diese Größenordnung zu erreichen".

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Die Bundesregierung hat ihr Ziel relativiert, die Lohnnebenkosten bis zur Wahl 2002 unter 40 Prozent zu senken. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sprach am Montag in Berlin nur noch davon, die Koalition werde anstreben, "diese Größenordnung zu erreichen". Experten zufolge könnte die Konjunkturflaute dazu führen, dass die Beiträge zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung nicht gesenkt werden. Die Arbeitgeber forderten die Koalition auf, alles zu tun, um die Beiträge zu reduzieren. Die Krankenkassen kritisierten den Verzicht von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf einen Mindestbeitrag zur Krankenversicherung.

Die großen Krankenkassen kritisierten, der Verzicht auf den Mindestbeitrag sei ein "negatives Signal", das den Druck auf die Beitragssätze erhöhe. Außerdem werde die Schere zwischen Betriebskrankenkassen und übrigen Kassen weiter auseinander gehen. Die Union begrüßte den Verzicht auf den Mindestbeitrag, kritisierte aber Gesundheitsministerin Ulla Schmidt. Sie steuere das System ins "Chaos". Grüne und SPD haben die Entscheidung verteidigt. Gleichzeitig forderten die Grünen die Gesundheitsministerin auf, Reformlösungen zur Senkung der Gesundheitskosten vorzulegen. Es gebe "offene Fragen", sagte Grünen-Parteichef Fritz Kuhn nach der Sitzung des Parteirates am Montag. Wer die Empfehlungen der Grünen zur Einführung einer Positivliste oder zur Budgetierung ablehne, müsse andere Vorschläge machen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Monika Knoche, warnte dagegen im Hessischen Rundfunk vor ruinösem Wettbewerb. "Die Kassen, die risikobelastete Patienten versorgen, müssen auch stärker begünstigt werden."

Fast alle Kassenarten kündigten steigende Beiträge an. Es sei zu befürchten, dass der durchschnittliche Beitragssatz von heute 13,53 Prozent bis Jahresende auf rund 14 Prozent steige, sagte der Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassenverbandes, Herbert Rebscher, der "Welt". Das Ziel der Bundesregierung, den Beitragssatz zur Sozialversicherung bis 2002 unter 40 Prozent zu senken, ist damit zunehmend gefährdet. Derzeit summieren sich die Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung auf 40,8 Prozent. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) schlug vor, mit der Sozialversicherung nicht mehr den Lebensstandard, sondern nur noch eine Grundversorgung abzusichern.

Die Bundesregierung geht offenbar nicht von einem schnellen Wiederanziehen der Konjunktur aus. Das bestätigte am Montag das Bundesfinanzministerium im neuen Konjunkturbericht. Nach einem mäßigen Wachstum im ersten Quartal deuteten die Wirtschaftsdaten "mehrheitlich auf eine zunächst noch andauernde konjunkturelle Abschwächung hin".

Unterdessen hat sich der Anstieg der Verbraucherpreise leicht abgeschwächt: Die Teuerungsrate kletterte im Juni nur noch um 3,1 Prozent, nach 3,5 Prozent im Mai.

Mehr zum Thema im Tagesspiegel: Mehr als nur Pech Hoffnung auf sinkende Zinsen wächst

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