zum Hauptinhalt
Die Bundespolizei kontrolliert den Einreiseverkehr am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice.

© dpa/Patrick Pleul

„Der Versuch, Europa zu destabilisieren“: Was die Bilanz aus sieben Wochen Grenzkontrollen über russische Einflussnahme verrät

Die Bundespolizei veröffentlicht erste Zahlen ihrer stichprobenartigen Grenzkontrollen. Nach Ansicht des SPD-Politikers Wiese sind sie ein Indiz, dass Moskau nach wie vor Migranten als hybride Angriffstaktik einsetzt.

Stand:

Eigentlich sollten Grenzkontrollen im Inneren des Schengen-Raumes die Ausnahme sein. Trotzdem kontrolliert die Bundespolizei im Kampf gegen die irreguläre Migration seit Oktober 2023 stichprobenartig an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz und bereits schon länger an der deutsch-österreichischen Grenze.

Seit Mitte September dieses Jahres sind Kontrollen an den Grenzen zu den Benelux-Staaten, Frankreich und Dänemark hinzugekommen. Wie wirksam die von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) angeordneten Kontrollen sind, machen am Freitag veröffentlichte Zahlen der Bundespolizei deutlich.

Demnach wurden zwischen dem 16. September und dem 31. Oktober an sämtlichen deutschen Landgrenzen 7617 unerlaubte Einreisen registriert. Dabei gab es 4659 Zurückweisungen. Von einer Zurückweisung spricht man, wenn noch kein Grenzübertritt erfolgt ist.

Eine solche Maßnahme ist nach Auffassung der Bundesregierung nur erlaubt, wenn die betreffende Person kein Asylbegehren äußert oder wenn gegen sie eine Einreisesperre vorliegt. Zudem gab es zwischen Mitte September und Ende Oktober 402 Zurückschiebungen. 162 Schleuser seien vorläufig festgenommen worden, teilte die Bundespolizei weiter mit.

162
Schleuser wurden zwischen Mitte September und Ende Oktober vorläufig festgenommen

Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf weitere Angaben der Bundespolizei berichtete, wurden in den ersten drei Wochen nach Beginn der ausgeweiteten stationären Kontrollen am 16. September rund 13 Prozent weniger unerlaubte Einreisen festgestellt als in den drei Wochen davor.

„Dass die Zahl unerlaubter Einreisen zurückgeht, ist eine gute Nachricht und zeigt, dass Bundesinnenministerin Faeser die richtigen Maßnahmen getroffen hat“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese dem Tagesspiegel. Die stationären Grenzkontrollen verhinderten illegale Grenzübertritte und erleichterten den Kampf gegen grenzübergreifende Kriminalität und Schleuserbanden, fügte er hinzu.

Allein an der deutsch-polnischen Grenze wurden in den ersten drei Wochen seit dem 16. September 631 unerlaubte Einreisen festgestellt. „Die Zahlen an der Grenze zu Polen zeigen trotz sinkender Tendenz, wie hoch der Druck dort weiterhin ist“, sagte Wiese. „Migranten werden nach wie vor von Russland und Belarus gezielt nach Polen geschleust, im Versuch, Europa zu destabilisieren.“ Daher sei es wichtig, dass Deutschland und die EU Polen hier bei der Grenzsicherung unterstützen.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hält es für nötig, dass Deutschland und die EU Polen bei der Grenzsicherung unterstützen.

© dpa/Jörg Carstensen

Nach den Worten des Grünen-Sicherheitspolitikers Jan-Denis Wulff dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, dass die stationären Grenzkontrollen einen maßgeblichen Einfluss auf die organisierte Kriminalität hätten. „Es ist das Geschäft von Schlepperbanden, Grenzkontrollen zu umgehen“, warnte Wulff. „Daher werden wir auch in Zukunft nicht auf Schleierfahndungen und Ermittlungen verzichten können“, fügte er hinzu.

Deutsch-dänische Grenze hat keine Priorität

Die deutsch-dänische Grenze, wo seit dem 16. September ebenfalls kontrolliert wird, hat indes für die Bundespolizei eine geringere Priorität. Wer hier in den vergangenen Wochen mit dem Pkw unterwegs war, konnte beobachten, dass auf der Autobahn bei der Einreise nach Deutschland freie Fahrt herrschte. Der Grund: An diesem Abschnitt der deutschen Landgrenzen ist die Zahl der illegalen Übertritte ohnehin nur sehr gering. In den drei Wochen vor Beginn der stationären Kontrollen lag deren Zahl nach den Angaben der Bundespolizei bei 25, in den drei Wochen danach bei 23.

Umgekehrt führt Dänemark seinerseits schon seit der Flüchtlingskrise von 2016 Kontrollen an der Grenze zu Deutschland durch. Das macht sich gegenwärtig dadurch bemerkbar, dass Beamte auf der dänischen Seite auf der Autobahn hinter Flensburg Fahrzeuge, beispielsweise Kleintransporter, herauswinken und kontrollieren. Bei Grenzpendlern sorgt das regelmäßig für Unmut.

Deutsche Politiker in der Region haben wiederholt kritisiert, dass die Kontrollen auf dänischer Seite inzwischen zu einem Dauerzustand geworden sind. Grenzkontrollen von Schengen-Mitgliedsstaaten wie Dänemark und Deutschland müssen bei der EU-Kommission angemeldet werden. Faktisch wird die Verlängerung der Kontrollen aber in Brüssel ein ums andere Mal gebilligt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })