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Eine Bar im Hamburger Stadtteil St. Georg wiest auf die neue 2G-Regel hin, nach der nur noch Geimpfte oder Genesene die Räume betreten dürfen.

© Axel Heimken/dpa

Steigende Belastung der Intensivstationen: Baden-Württemberg plant Lockdown für Ungeimpfte

Angesichts steigender Infektionszahlen denken einzelne Bundesländer darüber nach, Geimpften und Genesenen mehr Freiheiten einzuräumen als Ungeimpften.

Die ersten Bundesländer verschärfen den Druck auf ungeimpfte Erwachsene. Seit dem Wochenende gilt in Hamburg ein "2G-Options-Modell", nach dem Einrichtungen wie Restaurants, Clubs, Kinos, Theater und Museen beim Senat anmelden können, dass sie Angebote nur für Geimpfte oder Genesene machen. Der Besuch ist dann nur möglich, wenn jemand einen Impf- oder Genesenennachweis vorzeigen kann. Ein negativer Corona-Test reicht nicht mehr aus.

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Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen geimpft oder genesen sein. Wenn beispielsweise eine Bar sich für ein solches 2G-Modell entscheidet, muss ein entsprechendes Schild vor der Tür darauf hinweisen. Im Gegenzug fällt bei vielen Veranstaltungen das Abstandsgebot weg.

Baden-Württemberg überlegt nun, einen anderen Weg zu gehen - mit verschärften Bedingungen . Der Amtschef im Sozialministerium Baden-Württemberg, Uwe Lahl (Grüne), kündigte in der „Bild am Sonntag“ an: „Wenn 200 bis 250 Intensivbetten belegt sind, erwägen wir, erste Kontaktbeschränkungen für ungeimpfte Erwachsene zu erlassen.“ Das seien Maßnahmen, wie man sie schon aus früheren Lockdowns kenne, etwa, „dass sich nur zwei Familien treffen dürfen“.

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Aktuell werden in Baden-Württemberg rund 100 Covid-Intensivpatienten behandelt. Laut Landesgesundheitsamt könnte der nun angedachte Grenzwert in einer Woche erreicht sein. Ab einer Zahl von 300 Covid-Intensivpatienten solle dann zudem die 2G-Regel gelten – also Ungeimpften der Zutritt zum Restaurant oder in die Kneipe verwehrt werden. Der Unterschied zum Hamburger Modell wäre, dass die Regelung verbindlich für alle wäre und nicht der Entscheidung der einzelnen Betreiber überlassen würde.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen wird derzeit auch auf Bundesebene diskutiert, ob ein 2G-Modell bundesweit gelten müsste. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte vor kurzem gesagt, er halte das für einen „vernünftigen Weg“. Geimpfte und Genese sollten es leichter haben.

Corona-Impfkampagne in Baden-Württemberg
Corona-Impfkampagne in Baden-Württemberg

© Bern Weißbrod/dpa

Bisher gibt es eine bundeseinheitliche 3G-Regel, die seit dem 23. August gilt: Danach ist neben den Impfungen oder dem Genesenen-Nachweis ein negativer Corona-Test Voraussetzung für den Zugang zu Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, zur Innengastronomie, aber auch zum Besuch beim Friseur oder im Kosmetikstudio.

Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl sagte der „Bild am Sonntag“, man müsse handeln, wenn die hohen Inzidenzen unter den Untergeimpften auf die Intensivstationen durchschlügen. „Es wäre falsch, dann alle in Mithaftung zu nehmen, auch die Geimpften – deshalb wird es für Ungeimpfte andere Regeln geben als für Geimpfte.“

FDP kritisiert 2G-Regel

Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, es sei richtig, schon jetzt über künftige Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen nachzudenken, „um das Gesundheitssystem zu schützen“.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte vor kurzem gesagt, er halte eine optionale Sonderregelung 2G für Geimpfte und Genesene derzeit nicht für flächendeckend umsetzbar. "So weit sind wir noch nicht in Berlin, ich sehe es auch nicht für die ganze Bundesebene", sagte Müller am vergangenen Donnerstag im ZDF.

Für den öffentlichen Raum lasse sich die Regelung allein deswegen nicht umsetzen, weil dann Kinder und Jugendliche benachteiligt würden. Gerade Familien mit kleinen Kindern, die sich noch gar nicht gegen das Coronavirus impfen lassen können, würden mit den Erleichterungen nur für Geimpfte und Genesenen etwa von Veranstaltungen ausgeschlossen.

Anders stelle sich die Situation bei Jugendlichen und Erwachsenen dar, die bereits ein Impfangebot bekommen, dieses aber bisher nicht angenommen hätten. In diesem Fall sei die sogenannte 2G-Regelung denkbar.

In Hamburg sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren allerdings bis zum 2. Oktober von der Nachweispflicht befreit. Ab dann soll die Ausnahme nur noch für alle Kinder unter zwölf Jahre gelten, da es für sie noch keinen in Deutschland zugelassenen Impfstoff gibt.

Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können - etwa wegen einer Schwangerschaft oder weil sie immungeschwächt sind, sieht die Hamburger Regelung allerdings keine Ausnahme vor. Sie können 2G-Angebote nicht nutzen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, übte Kritik an solchen 2G-Regeln: „Es gibt klügere Infektionsbarrieren, als Menschen einfach wegzusperren, aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen oder gar das öffentliche Leben selbst wieder lahmzulegen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir stehen zur 3G-Regelung. Denn mit einem negativen Testergebnis ist die Gefahr der Infektion eines anderen Menschen drastisch reduziert.“

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hingegen forderte die Bundesregierung auf, sich jetzt zu kümmern. „Die deutlich steigende Zahl an Erwachsenen, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, und die dramatischen Neuinfektionen unter Kindern und Jugendlichen, beispielsweise in NRW von bis zu 700, machen deutlich: Die Bundesregierung kann nicht weiter wegschauen", sagte er dem Tagesspiegel.

"Es wäre richtig, jetzt flächendeckend in Deutschland 3G-Regeln inzidenzunabhängig einzuführen und dort wo sich die Lage zuspitzt, zum Beispiel in NRW, Hamburg und Baden-Württemberg, ab einem bundeseinheitlichen Grenzwert auch nur noch 2G als Regel gelten zu lassen."

Niemand müsse sich impfen lassen, aber Menschen, die sich nicht impfen lassen können wie etwa Kinder, hätten trotzdem ein Recht, geschützt zu werden. "Deshalb ist es richtig, von der Gefahr für andere ausgehend einen Unterschied bei den Freiheiten von Geimpften und Ungeimpften zu machen", sagte Dahmen.

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