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SPD-Kanzlerkandidat beim Start in den Wahlkampf-Endspurt am Berliner Alexanderplatz

© dpa

Steinbrück am Alexanderplatz in Berlin: „Wenn Sie Kavallerie wollen, wählen Sie mich“

Die SPD startet in Berlin am Alexanderplatz ihren Endspurt für die Bundestagswahl. Derweil wird bereits die Rolle von Peer Steinbrück nach der Wahl debattiert.

Von Hans Monath

Drei Tage vor der Schließung der Wahllokale hat die SPD mit einer Großveranstaltung auf dem Alexanderplatz die Endphase ihres Wahlkampfs eingeläutet, in der sie intensiv um die Stimmen unentschlossener Wähler kämpfen will. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach der schwarz-gelben Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dabei jede Leistung und jede inhaltliche Richtung ab. „Frau Merkel fährt gerne Kreisverkehr“, rief der Ex-Finanzminister vor 6000 Zuhörern und fügte hinzu: „Da fährt man unfallfrei.“

Er selbst sei zwar nicht für Unfallfreiheit bekannt, gab der SPD-Politiker zu. Die Bürger wüssten aber wenigstens, „woran Sie mit mir sind im Gegensatz zu dem, was Sie in den letzten vier Jahren erlebt haben“. Vor dem Kandidaten hatten auf der „Endspurt“ genannten Veranstaltung auch Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für einen Regierungswechsel geworben, die stellvertretenden Parteichefs Hannelore Kraft und Manuela Schwesig wurden live zugeschaltet.

Unter starkem Beifall versprach Steinbrück, als Bundeskanzler gegen Steuerbetrug- und -vermeidung zu kämpfen. „Wenn Sie wollen, dass die Kavallerie gesattelt wird gegen Steuerbetrug, dann müssen Sie mich wählen“, rief er vom runden Podium aus ins Publikum. Intensiv warb der SPD-Politiker für deutsche finanzielle Beiträge zur Eurorettung und begründete das auch mit der Hilfe anderer Staaten für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg: „Niemand weiß das besser als Sie hier in Berlin.“ Er kenne die Vorbehalte gegen die Rettungspolitik, meinte der Kandidat und warnte: „Sie sollten nicht irgendwelchen Rattenfängern hinterherlaufen am 22. September!“

Steinbrück hat ein Ministeramt unter Merkel definitiv ausgeschlossen

Trotz parteiinterner Debatten um den Eintritt der SPD in eine große Koalition nach einem Verlust der schwarz-gelben Mehrheit am Sonntag warb Steinbrück nicht intensiv für eine rot-grüne Regierung, das übernahm am gleichen Abend Gabriel im ZDF und in der ARD. Angesichts des großen Abstands zur Union in allen Umfragen scheint es unwahrscheinlich, dass SPD und Grüne eine Mehrheit erreichen können. Seine Rede beendete der Kandidat mit dem Appell, die Berliner SPD-Direktkandidaten zu wählen: „Ich möchte, dass die anschließend, wenn sie im deutschen Bundestag sitzen, mich zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wählen.“ Obwohl Steinbrück für sich persönlich ein Ministeramt in einer großen Koalition unter Merkel definitiv ausgeschlossen hat, machte er zuletzt deutlich, dass er bei Koalitionsverhandlungen weiter „im Fahrersitz“ bleiben wolle, wie er das in einem Interview mit dem Tagesspiegel ausdrückte.

In der ARD sagte er am Donnerstag: „Ich bin ja auch nicht weg.“ Er bleibe an Deck der SPD und werde zusammen mit der Führung der Partei auch in den nächsten Wochen Verantwortung übernehmen. Vor allem der linke Flügel der SPD sieht die Rolle des gewesenen Kandidaten im Falle von Koalitionsverhandlungen mit der Union dann aber nur noch als eine repräsentative an, zu sagen habe er dann nichts mehr.

Die Erwartungen ruhen auf Gabriel, der nach dem Willen seiner Partei dann Vizekanzler werden und ein starkes Ministerium übernehmen soll. Sowohl das Finanz- als auch das Arbeitsministerium werden genannt. Fraktionschef Steinmeier dürfte auch eine wichtige Rolle im Ringen um die Durchsetzung sozialdemokratischer Ziele spielen. Nach der parteiinternenen Debatte um eine Ablösung Gabriels, in der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz eine zentrale Rolle zugeschrieben wurde, gilt seine Wiederwahl als Fraktionschef nun als wahrscheinlich. Er wolle nicht ins Kabinett wechseln, heißt es. Mithin dürfte Steinmeier auch in einer großen Koalition nicht ins Auswärtige Amt zurückkehren. Als starker Kandidat für den Posten wird in der SPD der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz genannt. Dass die Debatten über Bedingungen für eine große Koalition oder Ministerposten nun schon halb öffentlich ausgetragen werden, sieht die Parteiführung mit Entsetzen. Am Rande der Endspurt-Veranstaltung kündigte Generalsekretärin Andrea Nahles gegenüber dem TV-Sender Phoenix Konsequenzen an.

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